Die älteste im Original überlieferte Erwähnung Obernaus findet sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1191, in der Erzbischof Konrad I. das Dorf dem Aschaffenburger Stift St. Peter und Alexander schenkt. In der Urkunde wird der Name als „Oberenheim“ geschrieben. Diese Endung deutet auf eine Entstehung im frühen Mittelalter. Entsprechend sind im gesamten ehemals befestigten Ortskern Befunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit zu erwarten. Zwei Altfundstellen am zum Mainufer gelegenen Ortsrand belegen schlaglichtartig die wirtschaftliche Nutzung des Mains durch seine Anlieger. Im Oktober 1925 wurden an der Südseite des Schleusenmeistergehöftes unmittelbar am Main Ausschachtungen für die Staustufe Obernauvorgenommen. Dabei wurde eine größere Anzahl ellipsoidförmiger Körper aus mäßig gebrannter Keramik gefunden, die vollständig oder fragmentarisch erhalten waren. Alle waren in der Mitte durchlocht und besaßen einen Durchmesser von 8 bis 12 cm, bei einer Höhe von 5 bis 7 cm. Eine Anzahl von 15 Stück lag in einer Reihe nebeneinander. Aufgefunden wurden sie in einer 0,7 m starken Schicht aus dunklem, humosem Sand, die von einer 5 cm starken Schicht Flussmuscheln überlagert wurde. Offenbar war die Fundstelle in einem Altwasser des Mains gelegen. Die Funde sind als Netzsenker zum Beschweren eines Fischernetzes anzusprechen, lassen sich zeitlich jedoch nicht näher einordnen. Es konnten vier vollständige und ein halbes Fundstück für das Luitpoldmuseum in Würzburg erworben werden, der Verbleich der übrigen Stücke ist unbekannt.
An nahezu gleicher Stelle wurde im Januar 1927 bei Baggerarbeiten für die Schleuse ein Einbaum zutage gefördert. Er war ehemals ungefähr 4 m lang, wurde bei der Auffindung jedoch durch den Bagger zerschnitten. Das vermutlich aus Eiche gefertigte Fundstück hatte eine Höhlung von 0,30 m Breite und 0,15–0,20 m Tiefe. Von Georg Hock wurde das Stück als Trog und Fischereigerät aus historischer Zeit gedeutet. Nach jüngeren Untersuchungen von Parallelfunden handelte es sich aber mit größerer Wahrscheinlichkeit um den Schwimmkörper einer spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Fähre.
Kirche St. Peter und Paul
Von dem spätbarocken Vorgänger der 1960 errichteten Kirche St. Peter und Paul existieren obertägig nur der Turm und die Westfassade. Dieser Bau wurde 1792/93 errichtet, als Obernau zu einer selbstständigen Pfarrei erhoben wurde. Zuvor gab es in Obernau eine Kapelle, deren Patrozinium 1656 mit „St. Peter in vincula“ angeben wird. Erst im frühen 18. Jh. wird es als „St. Peter und Paul“ überliefert. Die spätbarocke Pfarrkirche und ein Schulhaus entstanden nicht am Standort der alten Kapelle, sondern am südlichen Ortsausgang, wofür zwei Wohnhäuser abgerissen werden mussten. Untertägige Baustrukturen der spätbarocken Kirche sowie archäologische Befunde der profanen Vorgängerbebauung sind im Boden überliefert. Die 1283 erstmals belegte Kirche von Obernau ist vermutlich mit der am Ende des 18. Jh. abgebrochenen Kapelle im Bereich des Friedhofs außerhalb der Dorfbefestigung identisch. Sie befand sich somit ungefähr am jetzigen Eingang zur Kirchhofgasse in etwa 220 m Entfernung vom heutigen Kirchenbau. Eine zeitgenössische Abbildung ist nicht überliefert, doch wird sie 1786 als im 15. Jh. errichtet und höchst baufällig beschrieben, zudem viel zu eng für den Gottesdienst (Vgl. Baudenkmäler, Hauptstraße 15).
Ortsbefestigung
Von der Ortsbefestigung Obernaus sind spätmittelalterliche Mauerreste aus Rotsandstein erhalten geblieben, bspw. entlang den mainseitigen Gärten von Hauptstraße 16–88 (gerade Nrn.), nordwestlich und nordöstlich an der Grundstücksgrenze von Hauptstraße 77–61 (ungerade Nrn.), an der Kirchhofgasse und der Maintalstraße bis Hauptstraße 10. Turmstümpfe befinden sich bei Hauptstraße 16 und 88. Die Befestigung könnte um 1440 unter Erzbischof Dietrich von Erbach entstanden sein. Der Ort war weniger stark gesichert, als die meisten mainaufwärts gelegenen Orte, was wohl in der Nähe zur Stadt Aschaffenburg begründet sein mag. Archäologische Befunde der Ortsbefestigung sind im gesamten Verlauf der gegen Ende des 18. Jh. verfallenen und dann weitgehend beseitigten Mauern zu erwarten.
Quelle:
Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 301-302.