Der Theaterplatz ist im Ursprung eine durch den Abriss kriegszerstörter Häuser entstandene Brache. Der Name für die südlich des Theaters gelegene Freifläche hatte sich zunächst im Volksmund eingebürgert, bevor er Jahrzehnte später eine offizielle Bezeichnung wurde. Bis in die 1990er Jahre wurde das Areal überwiegend als Parkplatz benutzt. 1996 bis 1997 fand im Zuge einer vorgesehenen Neugestaltung und teilweisen Bebauung auf dem Platz die größte archäologische Flächengrabung in Aschaffenburg statt. Hinweise auf die mittelalterlichen Gebäude wurden schon bei den Abrissmaßnahmen der 1950er Jahre gefunden. Im Mai 1994 wurde für den Theaterplatz eine großzügige Neubebauung mit Tiefgarage geplant und als Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Die hohe denkmalpflegerische Bedeutung einer der letzten großen, noch unbebauten innerstädtischen Kriegsbrachen im Westen Deutschland stand bereits in der Planungsphase außer Zweifel. Das Ausmaß der zu untersuchenden Fläche stellte jedoch alle Beteiligten vor eine beachtliche Herausforderung.
Zur Entwicklung eines archäologischen Konzeptes wurden von den Museen der Stadt Aschaffenburg in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege die Ergebnisse der bisherigen Baubeobachtungen sowie archivalische Belege und alte Katasterpläne zusammengestellt. Anhand dieser Vorarbeiten wurden die Sondageflächen für eine Probegrabung ausgewählt, die vom 23. Oktober bis zum 24. November 1995 durch die Firma ArcTron ausgeführt wurde. In Hinblick auf eine schnelle Bearbeitung der für das folgende Jahr geplanten Flächengrabung wurden moderne digitale Dokumentationsmethoden erprobt. So gehört die Sondagegrabung auf dem Aschaffenburger Theaterplatz zu den ersten, richtungsweisenden Grabungen in Deutschland, deren Vermessung und zeichnerische Dokumentation weitgehend mit Hilfe eines Tachymeters und photogrammetrischer Verfahren erstellt wurden.
Die Sondagegrabung sollte es ermöglichen, die Schwierigkeiten bei der späteren großflächigen Ausgrabung des Areals durch Kenntnis der Stratigraphie und Funddichte besser einschätzen zu können. Die überwiegend durch die Stadt Aschaffenburg finanzierten Grabungen mussten sich aufgrund unumgänglicher zeitlicher Vorgaben auf räumliche und thematische Untersuchungsschwerpunkte beschränken. So schieden die unterkellerten und durch andere neuzeitliche Bodeneingriffe betroffenen Areale frühzeitig aus der Planung aus. Auf diese Weise gelang es, die insgesamt durch die Baumaßnahmen betroffene Fläche von 8.000 m2 auf archäologisch relevante 2.000 m2 zu reduzieren. Für die Sondagegrabungen wurden schließlich zwei räumlich weit voneinander getrennte Areale von 6×9 m Größe ausgewählt, die nicht durch neuzeitliche Bebauung gestört waren. Die verfolgten Fragestellungen konzentrierten sich v. a. auf die älteren Besiedlungsphasen, nämlich die ur- und frühgeschichtlichen sowie die früh- bis hochmittelalterlichen Befunde. Schnitt 1 wurde in einem Bereich angelegt, der nach den schriftlichen Quellen in der frühen Neuzeit als Garten genutzt worden war. Erwartungsgemäß wurden lediglich wenige neuzeitliche Überreste, v. a. von barocken Nebengebäuden und Latrinen, gefunden. Insgesamt wurde eine rund 2,5 m mächtige Stratigraphie erschlossen. Unter einem modernen Planierungshorizont begann eine komplizierte Schichtenfolge, die im Wesentlichen dem 10. bis 12. Jh. entstammte. In diesen Zeithorizont gehören auch mehrere große Pfostengruben und ein nur ausschnitthaft erfasster noch größerer Befund, wohl eine Kellergrube. Weitere Pfostenspuren datieren vermutlich in die Völkerwanderungszeit. Urgeschichtliche Perioden waren in dieser Fläche nur mit wenigen verlagerten Einzelfunden vertreten, worunter das Fragment einer schnurkeramischen Bootshammeraxt besonders herausgestellt werden muss.
Schnitt 2 lag im Hofbereich zwischen zwei Gebäuden. Ein Ziel war hier die Erfassung der Fundamente des sog. Stäblerhauses, das als ältester profaner Steinbau Aschaffenburgs galt. Das 1182 erstmals erwähnte Gebäude wurde 1953 nach schweren Kriegsschäden abgerissen. Die Ausgrabungen zeigten jedoch, dass die Fundamente bei den Abbrucharbeiten oder zu einem späteren Zeitpunkt vollkommen beseitigt worden waren. Im ungestörten Bereich konnte allerdings eine 5,5 m mächtige Folge von Siedlungsschichten ergraben werden. Das späte Mittelalter und die Neuzeit waren darin nur in geringer Stärke unter der modernen Planierung vorhanden. Unter den spätmittelalterlichen Schichten befand sich wiederum ein mächtiges Schichtpaket des 10. bis 12. Jh., das eine wohl zur gleichen Zeit verfüllte größere Grube überlagerte, die aber nur angeschnitten wurde. Verschiedene Laufhorizonte in der Schichtung können als Estriche einer Innenbebauung sowie Pflasterungen des Hofes interpretiert werden. Direkt über der Grube wurden einige Gusskuchen gefunden, die auf eine hochmittelalterliche Eisengewinnung in der näheren Umgebung weisen. Aus umgelagerten Schichten stammen ein römischer Spielstein des 3. Jh. aus blauem Glas sowie Fragmente Mayener Keramik und eine völkerwanderungszeitliche Glasperle.
Die Ergebnisse dieser vorbereitenden Untersuchung ließen archäologische Stratigraphien von bis über 5 m Mächtigkeit erwarten, die bis in vor- und frühgeschichtliche Perioden zurückreichen würden. Das Hauptaugenmerk lag aber auf der Völkerwanderungszeit und der Frage nach der Identifizierung des beim Geographen von Ravenna für das 5. Jh. erwähnten alamannischen Hauptortes „ascapha“ mit Aschaffenburg. Es wurde erhofft, hier endlich auf größerer Fläche Siedlungsstrukturen der entsprechenden Zeitstellung nachweisen zu können. So wurde vom 1. April 1996 bis zum 27. März 1997 die bislang größte archäologische Flächengrabung innerhalb des Stadtkerns von Aschaffenburg durchgeführt. Unter der fachlichen Aufsicht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in der Zusammenarbeit mit den Museen der Stadt Aschaffenburger wurde die Firma ArcTron mit der Ausführung betraut. Wie bereits bei der vorausgehenden Sondagegrabung wurden gerade erst entwickelte digitale Dokumentationsverfahren eingesetzt, sodass den Untersuchungen auf dem Theaterplatz eine Vorreiterrolle in der Anwendung moderner Grabungstechniken in Deutschland zukam. Die archäologischen Untersuchungen betrafen das gesamte nach dem Krieg unbebaut verbliebene Areal zwischen der Dalbergstraße im Südosten, der Schloßgasse im Südwesten, dem Theater, dem Kunstraum und dem Hochbauamt im Nordwesten sowie der Pfaffengasse im Nordosten, mithin also mehrere in den ältesten Katasterplänen verzeichnete Parzellen. Ausgenommen blieben vor allem die randlichen Bereiche entlang der Dalbergstraße und der Schloßgasse, da dort wegen der Unterkellerung kaum archäologisch relevante Substanz zu erwarten war. Somit verblieb eine zusammenhängende Fläche von knapp über 2000 m2, die in zwei zeitlich gestaffelten Grabungsabschnitten vollständig untersucht wurde. Zunächst wurde die westliche Teilfläche südlich des Theaters ausgegraben, einige Monate darauf die geringfügig größere östliche Teilfläche in Richtung der Pfaffengasse. Die fristgerechte Fertigstellung dieser Areale mit ihrer komplizierten Stratigraphie von Mauer-, Gruben und Schichtbefunden blieb eine gewaltige Aufgabe, die nur durch gute Organisation, einen großen Mitarbeiterstab und den Einsatz technischer Hilfsmittel bewältigt werden konnte. Die Dimensionen werden auch durch die insgesamt etwa 10.300 aufgedeckten Fundkomplexe verdeutlicht.
Leider ist diese stadthistorisch bedeutendste Ausgrabung trotz umfassender Vorarbeiten, die bereits während der laufenden Grabung begonnen wurden, und verschiedener Vorberichte, in denen wesentliche Ergebnisse zusammengefasst wurden, noch nicht abschließend wissenschaftlich bearbeitet worden. Die Voraussetzungen für die Erhaltung von Strukturen aus der ältesten Besiedlungsphase waren sehr unterschiedlich. Viele dieser Befunde wurden von einer flächigen Aufplanierung des 11./12. Jh. stark in Mitleidenschaft gezogen. Andererseits sorgten die massiven hochmittelalterlichen Planierungsmaßnahmen für die Versiegelung älterer Schichten und eine gut erkennbare stratigraphische Trennung der jüngeren von den früheren archäologischen Perioden. Weitere Unterschiede in der Befunderhaltung entstanden durch die spätmittelalterliche und neuzeitliche Nutzung, die auch auf eng benachbarten Flächen verschieden tiefe Bodeneingriffe zur Folge hatte. Für die unterkellerten Gebäudeteile waren sämtliche älteren Befunde ausgeräumt worden: so unter dem Hauptgebäude von Pfaffengasse 9, dem Vorhaus, dem älteren Teil des Haupthauses und dem Südostteil des rückwärtigen Quergebäudes von Pfaffengasse 7, dem Gebäude im rückwärtigen Teil von Pfaffengasse 26 am sog. Judengässchen sowie einem Gewölbekeller im Hofbereich von Schloßgasse 6. In den ehem. Hof- bzw. Hinterhofbereichen nahezu aller Grundstücke verursachten insbesondere neuzeitliche Latrinengruben partielle Störungen.
Die Pakete mit Kulturschichten erreichten in der Regel eine Tiefe von 2 m, in Ausnahmefällen sogar bis über 5 m. Der anstehende Boden wurde von einer tertiären Abfolge von Sanden und Tonen gebildet, über der eine bis zu 0,5 m starke Auflage von grobkörnigem gelblichem Sand der quartären Flussterrasse lag. Die ältesten und am tiefsten eingegrabenen Befunde einer völkerwanderungszeitlichen bzw. frühmittelalterlichen Holzbebauung zeichneten sich hierin durch ihre dunkle Verfüllung deutlich ab. Darüber lag ein inhomogener Horizont von sandiger Konsistenz mit verschiedenen lehmigen und humosen Einschlüssen. Er war in den verschiedenen Grabungsabschnitten sehr unterschiedlich ausgeprägt und erlaubte oftmals keine exakte Befundtrennung. Auffällig oft waren hier eisenzeitliche und völkerwanderungszeitliche Funde ohne weiteren Befundkontext eingebettet. Am ehesten ist der Horizont als Begehungs- bzw. Arbeitsebene zum Zeitpunkt der um 1100 erfolgten flächigen Aufplanierung des gesamten Geländes anzusprechen. Diese ältesten Planierschichten des hohen Mittelalters und die Schichtungen des beginnenden späten Mittelalters waren im Gegensatz zu den jüngsten Auffüllungen und Planierungen durch ihre relativ homogene sandige Konsistenz bei gleichzeitiger recht dunkler, aschig-humoser Färbung zu unterscheiden. Besonders der Stein- und Dachziegelanteil unterschied sich von den auflagernden frühneuzeitlichen Planierschichten beträchtlich und weist auf eine überwiegende Holz- bzw. Fachwerkbebauung in älterer Zeit. Auffällig wurde in diesem Zusammenhang auch, dass seit dem Spätmittelalter zunehmend Gneise in den Mauern bzw. dem umgelagerten Schutt vorkamen. Noch ältere Mauern bestanden fast ausnahmslos aus Sandstein. Eine weitere Schichttrennung ermöglichte ein spätmittelalterlicher Brandhorizont, der sich vor allem im Westen des Grabungsareals in weiten Teilen der Fläche auffinden ließ. Der Abschluss der generellen Stratigraphie wurde durch die Einebnung des durch den Krieg zerstörten Areals für die Anlage eines Parkplatzes gebildet.
Für einzelne Zeiträume können trotz der noch fehlenden wissenschaftlichen Auswertung wesentliche siedlungsarchäologische Erkenntnisse für die Geschichte Aschaffenburgs formuliert werden
Vor- und Frühgeschichte
Eine Reihe von prähistorischen Funden verweisen auf Siedlungsaktivitäten verschiedener Epochen, die durch Befunde aber nicht näher gefasst werden können. Die Funde gelangten sämtlich durch jüngere Erdbewegungen in spätmittelalterliche oder frühneuzeitliche Kontexte. Die ältesten Funde der Grabung und zugleich aus dem Gebiet Aschaffenburgs überhaupt sind ein mittelpaläolithischer Faustkeil aus Feuerstein und ein Seitenschaber aus Hornstein, die dem Neandertaler zuzuordnen sind. Weitere Silexabschläge und Steingeräte weisen auf die gelegentliche Anwesenheit von Menschen in den Steinzeiten hin, lassen sich aber nicht präzise einordnen. Darunter befinden sich mehrere Abschläge von honigfarbigem Grand-Pressigny-Feuerstein aus Frankreich sowie einige Pfeilspitzen. Sicher neolithisch sind eine Steinbeilklinge und die Fragmente von zwei Lochhammeräxten. Der bronzezeitliche Fundniederschlag ist nur gering. Aus der Urnenfelderzeit liegt eine kleine Keramikserie aus dem südwestlichen Areal des ersten Grabungsabschnittes vor. Sie ist möglicherweise als umgelagerter Kulturschutt einer Siedlung zu deuten.
Deutlicher ist der Fundniederschlag aus der frühen und mittleren Latènezeit. Einige bronzene Fibeln und verschiedene markant gestaltete Perlen sind zweifelsfrei dieser Periode zuzuweisen, während sich die Keramik nur in Ausnahmefällen gut von der späteren, völkerwanderungszeitlichen Tonware trennen lässt.
Völkerwanderungszeit
Die Grabungen erbrachten nicht nur zahlreiche Funde der Völkerwanderungszeit, die sich über das gesamte untersuchte Areal verteilten, sondern auch zugehörige Siedlungsstrukturen. Zu diesen zählen insbesondere eine große Anzahl von Pfostenlöchern sowie mehrere Grubenhäuser. Die Postenlöcher bzw. -gruben gehen sicher überwiegend auf Gebäude zurück, doch konnten sie beim derzeitigen Stand der Auswertung noch nicht zu Hausgrundrissen verbunden werden. Da sich wegen zahlreicher Störungen lediglich die sehr tief gegründeten Pfostenlöcher erhalten haben, erscheint ein Erfolg ohnehin fraglich, zumal mit mehreren völkerwanderungszeitlichen Bauphasen zu rechnen ist. Deutlicher treten die Grubenhäuser oder ähnliche langrechteckige Siedlungsgruben hervor. Insgesamt wurden sechs derartige Strukturen aufgedeckt. Davon konnten zwei mit Sicherheit und ein weiteres wahrscheinlich der Völkerwanderungszeit zugewiesen werden. Letzteres hatte nach Ausweis tönerner Webgewichte als Wirtschaftgebäude einen Webstuhl beherbergt. Die übrigen drei unvollständig erhaltenen Strukturen könnten auch von früh- bis hochmittelalterlichen Gebäudebefunden stammen. Zum Fundgut gehören zahlreiche spätrömische Importe wie die Fragmente rädchenverzierter sog. Argonnensigillata, Mayener Ware und von Reibschüsseln. Unter den Kleinfunden befanden sich zudem die Überreste von bronzenen Fibeln, einer Pinzette und einer Gürtelgarnitur sowie Glasperlen und ein Spielstein aus blauem Glas. Die zeitliche Einordnung ist insbesondere durch einige Münzen, darunter eine Siliqua von Constantinus III. (407–411), möglich. Der überwiegende Teil des Fundgutes muss in das späte 4., v. a. aber das frühe 5. Jh. gestellt werden. Die heimische, relativ grobe und oft mit Quarz gemagerte Keramik besteht vornehmlich aus Schüsseln und Schalen mit stark einziehendem Rand oder Schalen und Töpfen mit geschwungenen Hals- und Randbildungen. Sie ist der frühlatènezeitlichen Keramik sehr ähnlich, sodass es zu Verwechslungen kommen kann. Ein Knochenkamm, verzierte Ton- und Glasperlen sowie z.T. verzierte Spinnwirtel sind weitere heimische Erzeugnisse. Als ein wesentliches stadthistorisches Ergebnis der Grabung auf dem Theaterplatz ist somit der archäologische Beleg für die durch den Geographen von Ravenna erwähnte alamannische Siedlung „ascapha“ bzw. „ascis“ festzuhalten.
Frühmittelalter
Das frühe Mittelalter war auf der Grabungsfläche nicht im gleichen Maße wie die vorangehende Periode vertreten. Ob hierfür allein die Planierungen des 11. und 12. Jh. verantwortlich gemacht werden müssen, ist fraglich. Denkbar ist auch eine Veränderung der Siedlungsfunktionen, die zu einer weniger dichten Nutzung des Stadtberges führte. Möglicherweise wurde die bevölkerungsreiche Ansiedlung durch einen Adelssitzes abgelöst oder vorübergehend ganz aufgegeben. Mit diesem könnte der Fund einer Nadel mit goldenem Kopf in Einklang stehen, die nach byzantinischen Vorbildern mit einer Verzierung aus tordierten Ringen gefertigt ist. Die wenigen Vergleichsfunde stammen hauptsächlich aus fränkischen Adelsgräbern im Rheinland und Burgund. Wie die übrigen, meist keramischen Funde dieser Periode war auch die Nadel mit keiner archäologischen Struktur verbunden, sondern stammte aus einer jüngeren Auffüllung.
Hochmittelalter
Die ältesten, jedoch stark zerschnittenen Reste von Steinbauten datieren noch in vorromanische Zeit. Im nordöstlichen Grabungsbereich unter dem Hofareal von Pfaffengasse 7 fand sich ein zweiphasiges Steingebäude, dessen Fluchten bereits die Ausrichtung der Straße respektierten. Das ältere Fundament war in Lehm gesetzt, die jüngere Phase bereits gemörtelt. Das zugehörige Fundmaterial datiert die zweite Bauphase in das 10./11. Jh. Die großflächige Aufplanierung des 11./12. Jh. überlagert das Gebäude. Darüber befanden sich verschiedene Bauhorizonte, die mit der Errichtung von Stiftshöfen an der Pfaffengasse in der Mitte des 12. Jh. zusammenhängen. Ausgegraben wurden das Haupthaus und ein Nebengebäude von Pfaffengasse 7, der sog. Kurie „Zum Freudenberg“. Das Sandsteinmauerwerk des Haupthauses war von bemerkenswerter Qualität. Über dem etwa 0,7 m hohen Fundament folgte eine Ausgleichschicht, über der das aufgehende Mauerwerk ein wenig zurücksprang. Dieses bestand zunächst aus drei Lagen größerer Sandsteinquader und schließlich dem zeittypischen „Handquader“-Mauerwerk. Der Bau entstand wohl zeitgleich mit dem „Stäblerhaus“, der Kurie „Zum Bienenberg“ in der Pfaffengasse 5.
Spätmittelalter
Im Hinterhof von Pfaffengasse 7 wurde ein Schwellriegelbau aus Holz entdeckt, der als Werkstatt gedient hatte. Im Innenraum waren die Reste eines Stampflehmbodens nachweisbar, auf den ein Ofen gesetzt war. Davor konnten noch zwei Brandflecken dokumentiert werden, in denen sich Gussreste aus einer Kupferlegierung fanden. Die Bauten in der Pfaffengasse fielen in der 2. Hälfte des 13. Jh. einem Feuer zum Opfer, dessen Spuren sich als aufplanierter Brandschutt in weiten Bereichen der Grabungsfläche belegen ließen. Aus dem Brandschutt konnten große Mengen an verkohltem Getreide, Glasfragmente, Schmelztiegel, Gussreste, Schlacken und Reste von drei Fässern, die wohl als Färberbottiche anzusprechen sind, geborgen werden. Das Ausmaß des Brandes wird auch durch den umgestürzten, verkohlten Giebel eines Fachwerkhauses illustriert, der im hinteren Grundstücksteil von Dalberstraße 26 freigelegt wurde. Durch die zahlreichen Befunde und Funde lässt sich eine soziale Differenzierung des Stadtquartiers treffen. Im Unterschied zu den Stiftshöfen in der Pfaffengasse gruppierten sich adelige Wohnbauten und Bürgerhäuser entlang der Dalbergstraße und der Schloßgasse. Die rückwärtigen Parzellen wurden von Handwerksbetrieben genutzt. Der Wiederaufbau nach dem Brand wurde offenbar zu Veränderungen in der Parzellierung genutzt. Einige große Sand- und Lehmentnahmegruben wurden ohne Rücksicht auf ältere Grundstücksgrenzen angelegt.
Neuzeit
Durch die zunehmende Steinbebauung, die weitgehende Konstanz der Grundstücke sowie die Pflasterung von Straßen und Höfen bildeten sich in der Neuzeit kaum mehr Siedlungsschichten aus und die archäologisch belegbaren Gebäudebefunde gehen entsprechend deutlich zurück. Von der ehem. städtischen Zehntscheuer aus dem 16./17. Jh. wurden im ersten Grabungsabschnitt die Fundamentierung der südöstlichen Giebelfront und ein Teilstück der nordwestlichen Traufseite erfasst. Hinzu kamen Hinweise auf die Innenaufteilung des Gebäudes. Überwiegend wurden aus der Neuzeit aber Latrinen und ihr reichhaltiges Fundmaterial ergraben. Schon 1956 hatte man im Vorfeld des geplanten Baus der Industrie- und Handelskammer auf dem Grundstück Dalbergstraße 18 in unmittelbarer Nachbarschaft des Stäblerhauses eine Latrine mit Glas- und Keramikfunden des 17. bis 19. Jh. untersucht.
Quelle:
Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 227-232.