Die Löherstraße beginnt am Schönborner Hof, zweigt von der Wermbacher Straße rechts ab und führt bis zur Mainbrücke (Willigisbrücke) hinunter. Sie verläuft unterhalb des Stifts- und Badberges und erhielt ihre Bezeichnung nach den früher hier ansässigen Lohgerbern, die 1412 erstmals erwähnt werden. Der heutige Verlauf der Straße ist durch den tief eingeschnittenen ehem. Stadtgraben unterhalb des Stifts- und Badberges bestimmt. Dieser Graben war das natürliche Flussbett des aus Richtung Würzburger Straße/Sandgasse und über das spätere Gelände des Schönborner Hofs fließenden Welzbaches. Unterhalb der Brennofengasse, an der Stelle des ehem. Schlachthauses (heute Parkhaus Löherstraße) vereinigte sich der Welzbach mit dem aus Richtung Schweinheimer Straße/Brentanostraße kommenden Wermbach. Die beiden Wasserläufe waren die Voraussetzung für die Ansiedlung sowohl der dem Badberg namensgebenden Badestuben als auch für die Lohgerber. 1848 wurde der Bach überwölbt, die die Straße verengenden Häuser wurden abgebrochen, der untere Straßenteil aufgefüllt und dem oberen Teil zur Wermbachstraße hin ein sanfteres Gefälle gegeben. Heute ist die Löherstraße eine stark frequentierte Zufahrt zur Brücke über den Main und den jenseits des Flusses gelegenen Stadtteilen.
Während der obere und der untere Bereich der heutigen Löherstraße beidseitig bebaut ist, befindet sich im mittleren Teil auf der Nordseite ein steil ansteigender Hang, der Teil des aus Badberg und Stiftsberg bestehenden Plateaus der Oberstadt ist. Dieser Südhang wurde wohl schon sehr früh zum Anbau von Wein genutzt. Ein Beleg dafür findet sich zum Beispiel in einer Urkunde von 1562, wo von einem Wingert am Badberg „oben vom Badthürlein auswendig der Stadtmauer hinabführig bis an die Schuguns Witwe Weingarten“ gesprochen wird. Zwischen Stiftsgasse 11 und Sackgasse 1 befindet sich heute noch die Badbergpforte mit der dahinterliegenden, zum Löhergraben hinunterführenden Treppe, die dazu diente, von Bad- und Stiftsberg aus die im Löhergraben gelegenen Badstuben zu erreichen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren die Terrassen und Weinberge verwildert und verwuchert. 1972/73 wurden sie von der Stadt freigelegt und saniert. Heute sind die historischen Grünflächen mit Strauchrosen und Blütengehölzen bepflanzt.
Löherstraße 20
Das Gasthaus „Zum goldenen Karpfen“ wird im Aschaffenburger Häuserbuch von Alois Grimm als eines der schönsten Fachwerkhäuser und eine der ältesten Gaststätten der Stadt bezeichnet. Erste Nachweise über einen „Heinrich den Karpffwirt“ sind aus dem Jahr 1602 erhalten. 1799 erwarb der Bierbrauer Johann Adam Gins das nun als „Gast- und Brauhaus“ bezeichnete Anwesen. 1802 erhielt er die Konzession zum Bierbrauen und Betreiben einer Gastwirtschaft. Diese Konzession wurde 1862 dem Bierbrauer Johann Hösch übertragen. Nach dessen Tod 1866 wurde die Brauerei wohl stillgelegt. Seine Frau ließ 1875 im Erdgeschoss des Hauses Fenster versetzen und den spitzbogigen Eingang begradigen. 1889 wurde die Genehmigung zur Einrichtung einer Pferdestallung mit angrenzendem Küchenraum im früheren Brauhausraum des Gasthauses zum Karpfen für Gastwirt Karl Bormann erteilt. Im gleichen Jahr erfolgte eine Fassadenänderung des Hausteils, der vor der Flucht des Brauhauses stand, da die Stadt beabsichtigte, die Baulinie für die Zufahrt zur neuen Brücke, die 1891 fertiggestellt wurde, zurückzunehmen. 1928 wurde das Fachwerk des Gebäudes freigelegt. Am 29. Dezember 1944 wurde durch einen Volltreffer eine Hälfte des Hauses mit dem 1. Stock weggerissen, der übrige Teil durch Granaten schwer beschädigt. Der Wiederaufbau erfolgte in den Jahren 1949/50. Im Herbst 1968 wurde das dem Gasthaus nördlich vorgelagerte alte Brauhaus wegen Baufälligkeit abgerissen. 1999 wurde an dieser Stelle ein neuer Anbau errichtet. Das Wohnhaus mit Gastwirtschaft erhebt sich dreigeschossig über rechteckigem Grundriss und steht traufständig am unteren Ende der Löherstraße. Es schließt mit einem steilen Satteldach ab. Über einem massiven Erdgeschoss folgen zwei jeweils leicht vorkragende Fachwerkobergeschosse. Der Hauseingang befindet sich im rechten Hausteil, rechts davon ein gekuppeltes Fenster, links sind zwei einzelne Fenster und ein weiteres gekuppeltes Fenster gesetzt. Im Erdgeschoss sind die Fenster mit Gewänden aus rotem Mainsandstein gerahmt. Die Fenster der Obergeschosse waren ursprünglich zu Dreiergruppen zusammengefasst und wurden im Zuge der Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Krieg verändert. Wegen seiner Lage am nahen Ufer des Mains ist das Gebäude nicht unterkellert. Die Errichtung des Hauses lässt sich dank einer 1969 durchgeführten dendrochronologischen Untersuchung in die 1. Hälfte des 15. Jh. datieren. Es handelt sich hier um eines der ältesten Häuser der Stadt.
Löherstraße 47
Kapelle des ehem. St.-Katharinenspitals. Die nachgotische Kapelle in der Löherstraße ist der einzige erhaltene Teil des ehem. Katharinenspitals. Das einstige Spital wurde als Nachfolger des seit der Mitte des 13. Jh. außerhalb der Stadtmauer an der Mainbrücke bestehenden Hl.- Geist- und späteren Elisabethenspitals zwischen 1604 und 1610 neu errichtet. Nach Angaben von Martin Balduin Kittel wurde Hofbaumeister Georg Ridinger mit der Anfertigung der Pläne beauftragt. Maßgabe war, auf die geringen finanziellen Mittel des Spitals Rücksicht zu nehmen und einen schlichten Bau zu planen. Daher wurde für den Neubau 1603 die Herberge „Zum Schuch/Schuh“, die sich in der Löherstraße befand, von der Stadt gekauft, z.T. abgerissen, einzelne Bauteile wie Fenster- und Türgewände hat man beim Neubau wieder verwendet. Der Bau der Kapelle erfolgte 1609, erst 1618 wurde sie geweiht. Unter dem Patronat der hl. Katharina von Alexandrien diente das Katharinenspital als Pfründnerspital. Das Elisabethenspital an der Mainbrücke blieb gleichzeitig noch bis 1764, als es durch ein Hochwasser beschädigt und dann abgetragen wurde, bestehen. Der Altar des Elisabethenspitals wurde daraufhin in der Katharinenkapelle aufgestellt, weshalb ab diesem Zeitpunkt das neue Spital den Doppelnamen Katharinen- und Elisabethenspital führte. Das Pfründnerwesen endete 1781. Seitdem fungierte die Anlage als Armen- und Arbeitshaus bzw. als Spital.
Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Spital bestand aus einer Vierflügelanlage mit langgestrecktem Süd- und Nordflügel entlang der Löherstraße und einem kurzen Ostflügel, in den die Kapelle integriert war, sowie dem gegenübergestellten Westflügel. Dazwischen lag ein schmaler Innenhof. Die zweigeschossigen Flügel hatten Fachwerkobergeschosse über massiven Erdgeschossen und Satteldächer. Im Westflügel befand sich eine Tordurchfahrt zum Hof. An der Nordwestecke des Innenhofes stand ein polygonaler Treppenturm. Die Kapelle war Teil der östlichen Schmalseite der Vierflügelanlage. Sie war ursprünglich mit dem Giebel zur Löherstraße gerichtet und besaß ein Satteldach mit Dachreiter. Beim Wiederaufbau wurde die Kapelle allerdings mit einem hohen Walmdach versehen, der Dachreiter wurde nicht wieder aufgesetzt. An den querrechteckigen Raum schließt an seiner östlichen Langseite ein dreiseitiger Chor an. Die Fenster der Kapelle sind spitzbogig und mit Maßwerk, z.T. mit Fischblasen, versehen. Die Fenster an den Schrägseiten des Chores sind ungeteilt, die übrigen haben je einen Pfosten. Der Eingang auf der Nordseite ist ebenfalls spitzbogig mit gekehltem und profiliertem Gewände. Der spitzbogige Zugang zur Sakristei ist mit einem Kreuzstabmuster versehen und im Scheitel mit der Jahreszahl 1544 bezeichnet. Es handelt sich hier um ein wiederverwendetes Bauteil aus der ehem. Herberge „Zum Schuh“. An der Westseite befindet sich ein weiterer Eingang, über den die Kapelle ehemals vom Innenhof des Spitals aus zugänglich war. Dieser ist mit der Jahreszahl 1608 und einem Steinmetzzeichen bezeichnet. Die nach dem Krieg bis auf die Umfassungsmauern zerstörte Kapelle wurde 1962 gesichert und mit einem Notdach versehen. Nachdem es zunächst Bestrebungen gegeben hatte, die Kapelle zu einem späteren Zeitpunkt als Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges wieder aufzubauen, wurde schließlich doch für eine Restaurierung entschieden. 1978 wurde zunächst die Mauerkrone gesichert und mit einem Betonanker versehen, dann ein steiles Walmdach aufgesetzt, das Maßwerk ergänzt und der Putz erneuert. Die originalen farbigen Fassungen im Innenraum konnten erhalten werden. Am 28. Juli 1978 wurde die Kapelle eingeweiht und der griechisch-orthodoxen Gemeinde übergeben.
Löherstraße 51
Das heutige Anwesen des Hotels „Wilder Mann“ wurde auf dem Grundstück eines Vorgängeranwesens 1775 neu errichtet. Um 1800 wurden die bis dahin selbstständigen Anwesen an der Beinegasse hinzugekauft und dort eine neue Scheune errichtet. Unter dem Bäcker und Gastwirt Matthias Will, der zwischen 1802 und 1850 Eigentümer des Anwesens war, erfolgten weitere nicht näher bezeichnete bauliche Änderungen. 1869 wurde eine bisher eingeschossige offene Halle entlang des Löhergrabens aufgestockt. Nachdem 1927 das Wohnhaus umgebaut und die Gasträume vergrößert worden waren, folgte 1950/51 ein neuer zweigeschossiger Flügel für Gästezimmer an der Löherstraße. Der heute überkommene zweigeschossige Mansarddachbau erhebt sich auf L-förmigem Grundriss am unteren Ende der Löherstraße, Ecke Fischergasse. Über dem massiven Erdgeschoss folgt ein verputztes Fachwerkobergeschoss, welches an der Seite zur Löherstraße überkragt. An der Seite zur Fischergasse befindet sich eine einfach profilierte Haustür mit der Bezeichnung „1775“, die seit 1972 zugemauert ist.
Quelle:
Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 87-90.