Skip to content

Wermbachstraße

Die Wermbachstraße beginnt am sog. „Scharfeck“, der Stelle, an der Dalbergstraße, Sandgasse und Herstallstraße aufeinander treffen. Sie führt in östlicher Richtung vorbei am Schönborner Hof (Freihofsplatz) und endet in stadtauswärtiger Richtung bei den Abzweigungen von Alexandra-, Lamprecht-, Schweinheimer und Brentanostraße. Benannt wurde die Straße nach dem Wermbach, der auf einem Teil ihres Verlaufs geflossen ist. Allerdings erhielt die Straße erst 1881 diesen Namen für ihre gesamte Länge. In den Stadtplänen von 1809 und 1846 ist sie unterteilt in „Scharfes Eck“, dessen Grenzen sich nicht genau bestimmen lassen, „Heumarkt“, seit um 1870 Freihofsplatz, sowie „Wermbachsgasse“, zwischen Schönborner Hof bis zum ehem. Standort des Wermbacher Tores und „Wermbach-Thor“, dem Straßenstück zwischen Stadttor und der heutigen Verzweigung von Alexandra-, Lamprecht-, Schweinheimer und Brentanostraße.

Wermbachstraße 15 – Schönborner Hof

Der Obersthofmarschall Melchior Friedrich Graf von Schönborn (1644–1717) ließ den Schönborner Hof als Stadtpalais für sich und seine Gemahlin Maria Sophia von Boineburg nach Plänen des Kapuzinerpaters Mathias von Saarburg aus Mainz zwischen 1676 und 1681 errichten. Der neue Wohnsitz wurde an einer städtebaulich bewusst gewählten Stelle, der Mündung der Löherstraße, in einer Achse zur Mainbrücke errichtet. Auf dem Grundstück, wo sich zuvor noch einige Neben- und Wirtschaftsgebäude des Freihofs befanden, entstand eine zur Wermbachstraße offene, barocke Dreiflügelanlage aus zweigeschossigen Walmdachbauten, die einen Innenhof umschließen. Die Flügel sind zur Straße mit je einem dreigeschossigen Turm mit Haube und Laterne versehen. Ein dritter Turm befindet sich an der Nordostecke des Gebäudes. Der Hof wird durch eine in der Mitte leicht zurückschwingende Mauer zur Straße abgeschlossen. Ein von ionischen Säulen flankiertes Portal in der Mauer ermöglicht den Zugang zum Innenhof. Die Säulen stehen auf Maskenpostamenten und tragen einen Segmentgiebel, in dessen Tympanon das von zwei Löwen gehaltene Ehewappen Schönborn/Boineburg zu sehen ist. Auf der Mauer verläuft eine Balustrade. Vom Innenhof führen zwei Portale in den Haupttrakt (heute Eingang zum Naturwissenschaftlichen Museum und zum Stadt- und Stiftsarchiv). Ursprünglich befand sich nur ein Eingang in der Mittelachse, dahinter folgte ein Treppenaufgang und darüber der Saal. Die Fassaden des verputzten Massivbaus sind durch Eckquaderungen, ein profiliertes Gurtgesims zwischen Erd- und Obergeschoss sowie geohrte Fenstergewände aus rotem Mainsandstein gegliedert. Im Erdgeschoss des südlichen Turmes befindet sich eine Kapelle in einem rechteckigen Raum mit Tonnengewölbe. Das Portal zur Kapelle wird von zwei Säulen flankiert, die einen geraden Sturz mit weit vorkragendem verkröpftem Gesims tragen. Darüber ist ein großes Halbkreisfenster. Die Gebäude sind z.T. unterkellert. Unter dem Nordflügel liegt ein Gewölbekeller, der die Länge des gesamten Baus einnimmt. Der Nordwestturm ist ebenfalls unterkellert. Hier fand man 1973 die Jahreszahl „1676“ auf einem Fundamentmauerstein. Der Mittelflügel ist nur teilunterkellert. Dieser Keller stammt wohl von einem Vorgängerbau. Der Südflügel entlang der Erbsengasse ist nur im vorderen Teil zur Wermbachstraße unterkellert.

Aufgrund von unterschiedlichen, oft wechselnden Nutzungen und damit verbundenen Umbauten, Kriegsschäden sowie Wiederaufbau zeigt sich das Gebäude heute nur noch äußerlich in der Form des 17. Jh. Bis 1832 war das Anwesen im Besitz der Familie Schönborn. Dann kaufte es die Stadt, um darin das Appelationsgericht, welches ihr von König Ludwig I. von Bayern (reg. 1825–1848) als Entschädigung für die Wegnahme der Carls-Universität und der Forstlehranstalt zugeteilt wurde, unterzubringen. Das Appelationsgericht blieb bis 1873 im Schönborner Hof. Nach Verkauf an das Stiftsamt und erneuten An- und Umbauten bezog 1875 die „Königliche Höhere Weibliche Bildungsanstalt“ die Räume des ehem. Adelssitzes. 1901 erwarb die Stadt den Schönborner Hof vom Stiftsrentamt zurück und brachte dort 1906 eine zweite städtische Volksschule unter. 1912 waren insgesamt drei verschiedene Schulen mit Nebenräumen im Schönborner Hof untergebracht. Seit 1913 hatte das Standesamt in einigen Räumen sein Domizil. Außerdem war zwischen 1913 und 1929 in dem Flügel zum Freihofsplatz die Stadtsparkasse einquartiert. Anschließend belegte die Post von 1929 bis 1945 die von der Sparkasse genutzten Räume. Beim Luftangriff auf die Stadt am 21. November 1944 wurde der Schönborner Hof durch einen Volltreffer schwer beschädigt, insbesondere Dächer und Fenster. Die Stirnseite des Südflügels wurde vollständig und der Flügel am Freihofsplatz bis auf den Gewölbekeller zerstört, der dazugehörige Turm wurde teilweise aufgerissen. Die Stadt bemühte sich in der Nachkriegszeit sehr um den Erhalt des stark in Mitleidenschaft gezogenen Gebäudes. Zwischen 1949 und 1952 erfolgte der Wiederaufbau des Nordflügels. 1957/58 musste der Mittelflügel wegen Baufälligkeit abgetragen werden. Er wurde unter Verwendung der Fundamente und Keller neu errichtet. Das Eingangsportal an der Wermbachstraße wurde durch die Meisterschule für Steinmetze wieder hergestellt. Nach Beschluss des Stadtrates wurde der Schönborner Hof zwischen 1977 und 1981 unter Leitung von Baudirektor Alois Grimm für das Stadt- und Stiftsarchiv renoviert. Während dieser Arbeiten wurde der Südflügel, außer der Stirnseite und dem Turm, abgebrochen und auf den alten Fundamenten neu errichtet. 1978 wurde auch der dreigeschossige Anbau zwischen Schönborner Hof und Storchennest (von 1878) abgerissen und durch einen zweigeschossigen Neubau ersetzt. Das Naturwissenschaftliche Museum ist seit 1970 im Nordflügel eingerichtet.

Wermbachstraße 28

Die Deutsche Bundespost war seit 1954 Eigentümerin des Grundstücks zwischen Am Heißen Stein und Wermbachstraße an der Mündung der Löherstraße. Sie ließ 1955/56 hier unter der Bauleitung von Oberpostbaurat Dipl.-Ing. Anton Ebner ein neues Stadtpostgebäude errichten. Das Gebäude bildet den südlichen Abschluss eines Platzes, der sich ergab, nachdem die Reste der einst hier stehenden Anwesen abgetragen worden waren. Die Schnittstelle von drei wichtigen Straßen, von denen eine aus der Innenstadt kommt, die zweite zur Mainbrücke und den Stadtgebieten auf der anderen Mainseite führt und die dritte schließlich aus der Stadt hinaus führt, bildete im Stadtgrundriss schon seit der Entstehung der Unteren Stadt eine wichtige Kreuzung und hat sich nach dem Krieg zu einem belebten Verkehrspunkt entwickelt. Beim Bau des Postamtes wurde dem ansteigenden Gelände und der unregelmäßigen Grundstücksfläche Rechnung getragen. Es erhebt sich dreigeschossig auf trapezförmigem Grundriss. Von der Landingstraße zur Wermbachstraße gesehen, bildet es eine zweigeschossige Dachkonstruktion aus, die auf der Rückseite nur eingeschossig ist. Mit Keller und Dachgeschossen verfügt der Frackdachbau über insgesamt fünf Ebenen. Die einfache, streng gegliederte Fassade verzichtet auf eine Seiten- oder Mittelbetonung, noch ist sie auf Zentralisierung angelegt. Die Fenster sind entsprechend der Nutzung der Innenräume nicht achsgerecht, aber dennoch regelmäßig auf der Fassade verteilt und haben keine Rahmen. So handelt es sich um eine einheitlich gestaltete Lochfassade mit geringem Dachüberstand. Die Baulinie zur Wermbachstraße wurde etwas zurückgesetzt, um die Straße zu verbreitern. Der Fußweg wird innerhalb der Gebäudelinie unter Arkaden hindurchgeführt. Der in der Tradition der Münchner Postbauschule errichtete Bau bildet einen eigenständigen modernen Baukörper, ohne sich jedoch gegenüber der umgebenden historischen Bebauung in den Vordergrund zu spielen. Im Gegenteil, mit dem Schieferdach und den Giebeln nimmt er direkt Bezug auf den nahen Schönborner Hof und das benachbarte Fachwerkgiebelhaus Am Heißen Stein 4. Das Gebäude wurde nach dem Auszug der Post grundlegend saniert und mit Verkaufs- und Ausstellungsräumen versehen. 2004 wurde das Dachgeschoss ausgebaut. Im Stadtbild von Aschaffenburg ist das ehem. Postgebäude ein sehr schönes Beispiel für städtebaulich gelungenen Wiederaufbau im Innenstadtbereich.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 193-195.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert