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Kindheit in Aschaffenburg – Zwischen Schule und Krieg

Kindheit in Aschaffenburg – was bedeutet das? Woran erinnern sich die Aschaffenburger*innen, wenn sie an ihre Kindertage zurückdenken? Welche Orte, Personen und Ereignisse sind bis heute in der Erinnerung präsent? Diesen Fragen ist die Ausstellung „Kinder- und Jugendzeit in Aschaffenburg“ im Jahr 2010 nachgegangen.

Einige der eingereichten Erzählungen und Bilder werden nun hier erneut präsentiert.

 

In diesem Beitrag erzählt Elisabeth Morhard (1934-2020) aus ihrer Kindheit.

Im Juli 1934 wurde ich in Aschaffenburg geboren und wohnte mit meinen Eltern und meiner größeren Schwester in einem 4-Familienhaus in der Hettingerstraße. Ab meinem vierten Lebensjahr besuchte ich den Kindergarten in der Schweinheimer Straße; in die Volksschule kam ich im Herbst 1941, zwei Jahre nach Kriegsbeginn. Bedingt durch die Kriegsverhältnisse waren die Schulklassen wechselweise in verschiedenen Gebäuden untergebracht. Zur Ersten Heiligen Kommunion ging ich am Ostermontag 1944 in der Stiftskirche. Mein Kommunionkleid nähte mir meine Mutter aus noch vorhandenem Stoff, meine Schuhe wurden von meinem Großvater, der Schuhmachermeister war, aus Leinentuch angefertigt.

Schöne Spielplätze wie heute oder Möglichkeiten zur Begegnung mit Freundinnen gab es nach meiner Erinnerung nicht. Wir trafen uns Zuhause oder in den Höfen der Wohnhäuser zum Spielen. Auch Spielsachen waren rar: Ich besaß immerhin eine Puppe und einen Teddybären und durfte den Puppenwagen meiner Schwester benutzen.

Mit Schrecken denke ich noch an die Bomben, die im November 1943 auf Schweinheimer Gelände fielen. Große Angst stand ich aus, als eine Luftmine in nächster Nähe, nämlich am 30. September 1944, am Brentanoplatz niederging. Wir hielten uns mit den übrigen Hausbewohnern in dem einfachen Keller unseres Wohnhauses auf, der eigentlich keinen Schutz bieten konnte. Die Wände bröckelten von der Erschütterung ab und alle standen Todesangst aus. Das Schlimmste für mich war die Gasmaske aufzusetzen, doch es musste sein. Ende 1944 häuften sich die Bombenangriffe auf unsere Stadt immer mehr, so dass meine Eltern beschlossen, zu meinen Großeltern nach Wenigumstadt im Bachgau zu ziehen. Dort wohnten wir zwar räumlich sehr beengt, doch wir fühlten uns auf dem Land etwas sicherer. Hier ging ich weiter zur Volksschule, wo allerdings drei Jahrgänge in einer Klasse – Jungen und Mädchen – unterrichtet wurden. Bald hatte ich neue Freundinnen gefunden und ich fühlte mich recht wohl.

1948 trat ich dann in die „Dreiklassige Mittelschule für Mädchen des Instituts der Englischen Fräulein“, heute Maria-Ward-Schule, über. Der Schulwechsel bedeutete für mich, dass ich Fahrschülerin wurde. Da vom Ort aus keine passenden Busse verkehrten, war ich wie auch die Berufstätigen gezwungen, in aller Frühe zum dortigen Bahnhof zu laufen, der von unserem Wohnhaus zwei Kilometer entfernt lag. Das hieß, täglich den einzigen Bummelzug aus Höchst/Odenwald um 6 Uhr früh zu erreichen. Das galt im Sommer wie auch an kalten Wintertagen, bei Wind und Wetter, auch häufig bei Schnee und Eis. Zudem war die Bekleidung kurz nach dem Krieg immer noch sehr dürftig; warme Anoraks oder Stiefel wie heute besaß man nicht. Bei Glatteis musste ich alte Wollsocken über die Schuhe ziehen, um etwas Halt auf der langen Chaussee zu haben.

Meine nicht unbeschwerte Kinder- und Jugendzeit endete, als ich 17-jährig, 1951, meine erste Arbeitsstelle als Verwaltungsangestellte im Arbeitsamt antrat.

 

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