Skip to content

Karlstraße

Die nördlich der Altstadt gelegene Karlstraße kann als Verlängerung der Strickergasse angesehen werden. Sie beginnt an der Erthalstraße, verläuft am Kapuzinerplatz in einem Bogen und endet an der Stelle, an der die Weißenburger Straße in die Hanauer Straße führt. Durch ihren Verlauf war die Straße früher ein Teilstück der Fernverbindung von Aschaffenburg über Hanau nach Frankfurt am Main. Vor dem Zweiten Weltkrieg standen in der Karlstraße verschiedene Herrschaftshäuser mit Gärten, die bis an die heutige Friedrichstraße reichten, darunter der „Karlshof“. Heute findet man hier eine weitgehend geschlossene Wohnbebauung vor. Seit 1810 ist die Straße nach Carl Theodor von Dalberg (1744– 1817) benannt. Er regierte als letzter Kurfürst im Schloss Johannisburg, bis das Fürstentum Aschaffenburg 1814 an Bayern kam. Da die Stadt Aschaffenburg dem Fürstprimas sehr viel verdankte, wurden gleich zwei Straßen und ein Platz nach ihm benannt. Möglicherweise wollte man mit der Karlstraße eher die Person und mit der Dalbergstraße eher das Adelsgeschlecht ehren.

 Karlstraße 1

Der Metzgermeister Ignatz Wiesenhöfer erwarb 1894 das schmale Grundstück zwischen Karlstraße und Schlossberg, auf dem er sich 1903 ein nur drei Fensterachsen schmales Wohn- und Geschäftshaus von Johann Scheuermann errichten ließ. Das Haus verfügt durch ein an der südöstlichen Grundstücksgrenze angebautes Rückgebäude über einen tiefen Grundriss. Der dreigeschossige Mansarddachbau weist eine steinsichtige neugotische Fassade aus hellen Sandsteinquadern auf. Im Erdgeschoss ist ein Laden mit zwei Schaufenstern und einem Eingang eingerichtet. Das mittlere Schaufenster ist verbreitert und korbbogenförmig abgeschlossen. In den beiden Obergeschossen ist die mittlere Fensterachse zu einem Erker ausgeformt, der mit einem Balkon für die Mansardwohnung abgeschlossen ist. Ein halbrunder Zwerchgiebel sitzt zwischen zwei Gauben. Das untere Brüstungsfeld des reich verzierten Erkers trägt die Inschrift: „Ignatz Wiesenhöfer / 1903“, und in dem Brüstungsfeld zwischen 1. und 2. Obergeschoss stehen die Worte „ora et labora“. Die Fenster rechts und links des Erkers haben im 1. Obergeschoss einen profilierten Sturz, im 2. Obergeschoss einen Kielbogen und Blendmaßwerk. Das Rückgebäude ist ebenfalls unverputzt, jedoch aus weißen Ziegelsteinen errichtet. Die Fenster sind mit grauen Sandsteinrahmungen hervorgehoben und sitzen auf einem Sohlbankgesims auf. Der rückwärtige Eingang zum Grundstück ist mit einem Rundbogentor versehen. Obwohl das Wohn- und Geschäftshaus beim Luftangriff auf die Stadt am 29. November 1944 am Dach, an den Wänden, Decken, Türen und Fenstern beschädigt wurde, blieb es weitgehend in bauzeitlichem Zustand erhalten.

Karlstraße 2

Nachdem der Gräflich Ingelheim’sche Rat David Reuter 1803 das Grundstück am Beginn der Karlstraße erworben hatte, reichte er den Antrag zum Neubau eines Wohnhauses mit beidseitigen symmetrischen Anbauten bei der Stadt ein. Die Hauptfassade des mehrgeschossigen Gebäudes war zur Karlstraße hin ausgerichtet. Zum Schöntal, der heutigen Erthalstraße, sollte das Gebäude zunächst keine Fenster erhalten, da ursprünglich die baufällige kleine St.-Agathakirche abgerissen und die Strickergasse mit der Karlstraße durch eine geschlossene Bebauung verbunden werden sollte. Dazu kam es jedoch nicht. Stattdessen wurde der zum Schöntal gehörende Bereich zur Erthalstraße ausgebaut. 1897 trennte der damalige Besitzer des Anwesens Josef Ernst das Wohnhaus mit Umgriff von dem großen, nördlich des Wohnhauses bis zur heutigen Friedrichstraße reichenden Garten ab und verkaufte es an den Gastwirt Georg Gress. Dieser nahm einige bauliche Veränderungen an dem Gebäude vor. So wurde 1897 ein Eingang an der Stelle eines Fensters in den rechten Seitenpavillon geschaffen und das vorhandene Rückgebäude umgebaut. 1899 wurde auch das zuvor abgetrennte Gartengrundstück veräußert und von der Stadtgemeinde zum Neubau des Justizgebäudes erworben. Im Zuge dieser Erwerbung erfolgte eine Änderung der Umfassungsmauern des Grundstücks. 1906 ließ sich Georg Gress ein „Vereinslokal“ mit dem Namen „Gastwirtschaft zum Erthaler Hof“ an der Erthalstraße erbauen. Ein Saalanbau kam 1924 hinzu. Ab 1925 war Adam Maier neuer Besitzer des Anwesens und ließ 1927 die Fassade zur Erthalstraße hin verändern und mit einem neuen Eingang versehen. Während der Angriffe des Zweiten Weltkrieges wurde die Fassade zur Erthalstraße zerstört. Wiederaufbaupläne von 1948 zeigen die Aufstockung des rechten Anbaus auf die Höhe des Hauptgebäudes. Diese Pläne wurden 1959 realisiert und führten schließlich zur Abtrennung des Seitenflügels als eigenständiges Anwesen mit der Adresse Erthalstraße 1 a. Der Entwurf zu dem dreigeschossigen klassizistischen Walmdachbau könnte von Emanuel Joseph von Herigoyen stammen. Der verputzte Fachwerkbau erhebt sich auf massivem Erdgeschoss. Die gleichmäßige, sieben Fensterachsen breite Fassade zur Karlstraße ist in der Mitte des Erdgeschosses durch ein Portal betont. Das Vorbild für seine Architektur mit von zwei Säulen getragenem Architrav und Giebelabschluss findet man am Frühstückstempel im Schlossgarten. Ein profiliertes Gurtgesims trennt das Erdgeschoss vom Obergeschoss. Die Fenster des 1. Obergeschosses sind mit einer profilierten Rahmung versehen und sitzen auf dem Gesims auf. Das 2. Obergeschoss ist etwas niedriger und die Fenster sind dementsprechend in quadratischem Format ausgeführt. Von den beiden seitlichen Flügeln, die das Gebäude ursprünglich eingeschossig flankierten, ist nur die Fassade des rechten Anbaus erhalten. An dieser Fassade ist nach der Aufstockung des Seitenflügels das von Herigoyen auch an anderen Gebäuden verwendete Motiv der Serliana erhalten.

Karlstraße 5

Der 1889 von Architekt Hermann Reichard für Georg Gress geplante Neubau eines dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshauses ersetzte das bis dahin an dieser Stelle befindliche zweigeschossige, giebelständige Satteldachhaus. 1903 wurde im Erdgeschoss ein Laden eingebaut. Während des Zweiten Weltkrieges entstanden durch Luftdruck und Artillerie Schäden am Dach und an der Brandmauer des Hauses. Außerdem wurden Außenwände abgerissen sowie Zwischenwände, Decken, Fenster und Türen beschädigt. Das Gebäude steht in der geschlossenen Innenstadtbebauung aus heute meist jüngeren Wohnhäusern. Die Backsteinfassade des dreigeschossigen Satteldachbaus verfügt über drei Achsen, von denen die mittlere zu einem flachen Risalit ausgebildet ist, dessen Fenster zu Paaren zusammengefasst sind. In den sonst einachsigen Rücklagen befinden sich im Erdgeschoss unter einem großen Stichbogen mit entsprechendem Entlastungsbogen je zwei gekuppelte stichbogige Öffnungen mit Sandsteinbrüstungen. Der Hauseingang liegt in der linken Achse. Die Fenster des 1. Obergeschosses haben gerade Sturzgesimse, die des 2. Obergeschosses sind von Entlastungsbögen mit Keilsteinen überfangen. Bemerkenswert ist der historistische Ladeneinbau von 1903, für den die mittleren Erdgeschossfenster durch einen pilastergegliederten Eingang mit Schaufenster ersetzt wurden. Der gesamte Verkaufsraum, ehemals ein Milchladen, ist mit historistisch dekorierten Keramikfliesen ausgekleidet. Die glasierten Wandfliesen stammen von der Firma Kurt & Böttger aus Frankfurt am Main. Den Boden bedecken Fliesen mit geometrischen Dekors. Er ist ein anschauliches Zeugnis für eine Ladenausstattung der wilhelminischen Epoche. Im Innern des Gebäudes ist die bauzeitliche wandfeste Ausstattung wie Treppe mit Eisengeländer, Dielen und Türen weitgehend erhalten.

Karlstraße 6

Ende des 18. Jh. befand sich auf dem Grundstück ein kleines Gebäude, welches abgerissen wurde, als 1826 der Zimmermeister Franz Hirsch das Grundstück erwarb und darauf das heute bestehende Wohnhaus baute. 1842 kaufte Anna Freifrau von Hertling, Witwe von Karl Freiherr von Hertling, das Anwesen und ließ darauf noch im selben Jahr ein neues Rückgebäude errichten, wofür ein alter, bestehender Bau abgebrochen wurde. Später verkaufte sie das Anwesen an einen Verwandten. Seit 1920 war der Installateur Martin Bartl Eigentümer des Anwesens. Er betrieb ein Installationsgeschäft, für das er sich 1924 einen Laden in dem Gebäude einrichten ließ. 1944 und 1945 zerstörten Sprengbomben und Artillerie die Dächer sowohl des Haupthauses als auch des Seitengebäudes. Außen- und Innenwände mit Fenstern und Türen wurden beschädigt. Die rechte Hälfte des Wohnhauses brannte bis auf die Grundmauern aus. 1949/51 erfolgte die Instandsetzung des Gebäudes, bei der drei Dachgauben hinzugefügt wurden und die stark beschädigte Attika entfernt wurde. 1953 baute man den Seitenflügel wieder auf. Die letzte Fassadenerneuerung fand 1982 statt. Das Wohnhaus erhebt sich zweigeschossig und traufständig an der Karlstraße. Es wird von einem flachen Satteldach abgeschlossen. Die fünfachsige Fassade wird an der rechten und linken Außenkante von etwas eingerückten Lisenen gerahmt und im Bereich der mittleren drei Fenster durch einen leicht hervortretenden Risalit betont. Dieser war ursprünglich mit einer Attika bekrönt. Im Erdgeschoss befinden sich auf der linken Seite der Eingang zum Gebäude und in der Mitte das Ladengeschäft sowie zwei Fenster. Die drei mittleren Fenster im Obergeschoss sind als französische Fenster ausgebildet und mit einem Brüstungsgitter versehen, die beiden äußeren besitzen eine von Konsolen getragene gerade Fensterverdachung. Über den Obergeschossfenstern verläuft ein verkröpftes, profiliertes Gurtgesims und unter der reich profilierten Traufe ein Zahnfries. Die Walmdachgauben wurden später ergänzt. Ursprünglich befand sich nur über den äußersten Fensterachsen eine kleine Gaube. Das Rückgebäude von 1842 ist erhalten.

Karlstraße 16

Gasthof „Zum goldenen Ochsen“. Das heute noch bestehende Gebäude wurde wohl 1798 von dem Gastwirt Philipp Münch anstelle eines zuvor vorhandenen Wirtshauses neu errichtet. Das Anwesen bestand in der 1. Hälfte des 19. Jh. aus dem Gasthaus mit einem winklig angefügten Flügel für Gästezimmer, Stallungen und einer Scheune. Die Scheune stand an der nördlichen Grundstücksgrenze direkt an der Stadtmauer, der heutigen Friedrichstraße. 1853 ließ sich Adam Münch in dem Anwesen einen Tanzsaal errichten. Karl Münch übernahm 1865 das Gasthaus und nahm 1878 bauliche Veränderungen darin vor. Dabei wurde das Fachwerk der zur Karlstraße gerichteten Außenfassade im Erdgeschoss durch massives Mauerwerk ersetzt, die Raumaufteilung im Erdgeschoss geändert und die Eingangstür verlegt. Zwei Jahre später ließ sich Münch einen Keller unter dem Stallgebäude einbauen. 1886 wurde das Schenkbüffet zur Trinkhalle erweitert und 1891 erfolgte der Bau einer Küche, als Verbindung zwischen dem Hauptgebäude und den Stallungen. Nach dem Tod von Karl Münch 1893 kaufte Alois Schuck das Anwesen von dessen Töchtern. Wenige Jahre nach dem Erwerb, 1897, ließ Schuck eine defekt gewordene Halle erneuern. 1932 kam es zum Bau einer Waschtrockenhalle, die entlang der Friedrichstraße entstand und etwas über die festgelegte Baulinie hinausragte. Im Zweiten Weltkrieg wurden das Gasthaus und die Betriebsgebäude stark beschädigt, aber wieder instand gesetzt. 1951 wurde per Stadtratsbeschluss die Friedrichstraße verbreitert und die alte Stadtmauer, in die einige der Gebäude des Anwesens integriert waren, entfernt. Somit gingen dem Grundstück Karlstraße 16 ca. 2,5 m verloren, jedoch wurde die Restfläche des ehem. Gebäudes Karlstraße 18 dem Grundstück zugeschlagen. Das Grundstück Nr. 18 gibt es seither nicht mehr. 1962 wurde auf dem Anwesen ein Hotelgebäude mit Garagen von Architekt Josef Böhm errichtet und seitdem mehrfach erneuert und ergänzt. Zum historischen Bestand gehört das Hauptgebäude mit Flügel entlang der Karlstraße. Es entspricht in seinem heutigen Erscheinungsbild dem Plan von 1878, der einen zweigeschossigen Mansarddachbau mit überbauter Hofdurchfahrt und zweigeschossigem Flügel zeigt. Der Eingang befindet sich in der Durchfahrt. Das Erdgeschoss ist massiv, das Obergeschoss zeigt einfache Fachwerkformen. Auch die Fenster wurden seit Ende des 19. Jh. nicht wesentlich verändert.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 78-81.

Kommentare

  1. Nicht nur der Karlsplatz, die Dalbergstraße und die Karlstraße sind nach Dalberg benannt worden, sondern auch die Dalberg Mittelschule in Damm und das Karl-Theodor-v.-Dalberg-Gymnasium in der Grünewaldstraße. Umgangssprachlich wird sogar die gesamte Aschaffenburger Oberstadt als Dalberg bezeichnet.

  2. Natürlich gab es in Aschaffenburg auch eine Karlsuniversität und eine Karlskaserne, letztere zwischen der heutigen Goldbacher-, Heinse- und Weißenburger Straße.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert