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Gemarkung Damm

Innerhalb der Gemarkung Damm werden die Zeugnisse der Vor- und Frühgeschichte vor allem von Grabhügelgruppen dominiert, die sich in den großflächigen Forstgebieten „Strietwald“ und „Striet- Stiftswald“ erhalten haben. Dabei ist davon auszugehen, dass bei zukünftigen Geländeprospektionen mit neu entwickelten Methoden noch weitere Bestattungsplätze und andere, die Nutzung des Menschen anzeigende Geländestrukturen entdeckt werden. Im Waldstück „Alter Schlag“, von dem bislang keine Grabhügelnekropolen bekannt sind, wurde beispielsweise 2011 bei Begehungen eine rundliche Geländeform von ca. 15 m Durchmesser beobachtet. Im digitalen Geländemodell auf der Grundlage eines Airborne Laserscans konnte die Struktur jedoch nicht als Erhebung verifiziert werden, sodass es sich möglicherweise um einen Meilerplatz handelt.

Auch außerhalb der Forstgebiete entspricht die Anzahl der bekannten archäologischen Fundstellen sicherlich nicht dem ehem. Bestand. Vielfach wurden Befunde vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung unerkannt überbaut oder unzureichend erfasst. Neben einer vermutlich in die ältere Eisenzeit zu datierenden Siedlung existiert innerhalb der Gemarkung noch ein weiterer gesicherter Hinweis auf vor- und frühgeschichtliche Siedlungsaktivitäten, da 1954 beim Bau der Autobahn entsprechende archäologische Befunde entdeckt wurden. Die dabei geborgenen Keramikstücke sind heute verschollen, sodass eine nähere Datierung nicht mehr möglich ist. Der nur annähernd lokalisierbare Fundplatz ist heute durch den Autobahnbau und die Einrichtung eines Parkplatzes überbaut und vermutlich komplett zerstört. Den Beginn der Besiedlung im Neolithikum zeigen zahlreiche, jedoch nicht genau lokalisierbare Funde von Steingeräten an, die 1901 zusammen mit anderen Funden aus dem Spessart und seiner Umgebung in die Archäologische Staatssammlung München gelangten. In einem alten Inventar werden sie als „Steinkeile“, „Steinhämmer“ und „Feuersteinmesser“ bezeichnet, was heute keine eindeutige Ansprache und Datierung mehr zulässt. Möglicherweise deutet der 1885 in der Gemarkung Damm entdeckte Fund eines heute verschollenen Glockenbechers auf zerstörte Gräber des Endneolithikums hin, sodass neben dem Gräberfeld der späten Bronze-, Urnenfelder- und frühen Hallstattzeit mindestens noch ein weiterer Bestattungsplatz innerhalb der Gemarkung angenommen werden muss. Zu den Fundumständen und der Fundlage sind jedoch keinerlei nähere Angaben überliefert. Nach der von Peter Endrich gefertigten Skizze des Objekts zu urteilen, handelt es sich um einen Metopenbecher der jüngeren Glockenbecherzeit (ca. 23.–21. Jh. v. Chr.), wie er für das Untermaingebiet typisch ist. Zumindest Begehungen werden innerhalb der römischen Kaiserzeit durch den Zufallsfund einer römischen Münze angezeigt. Der bronzene Dupondius des Marc Aurel (161–180 n. Chr.) fand sich 2007 im Aushub für die Anlage eines Gartenteichs. Avers zeigt die Münze die Büste des bärtigen Kaisers mit Strahlenkrone, Gewand und der stark abgeriebenen Umschrift „… NINVSAVG“ (Antoninus Augustus). Revers ist eine weibliche Figur mit Füllhorn und Rechenbrett zu sehen. Die Umschrift ist unleserlich. Eine Interpretation des Objekts als Siedlungs-, Depot- oder Verlustfund ist nicht möglich.

Wohl bereits mit der Einrichtung der Aschaffenburger Pfarrei St. Agatha in der 2. Hälfte des 12. Jh. wurde der Zehntbezirk Damm, welcher zu dieser Zeit zur Pfarrei Zu Unserer Lieben Frau (Muttergottespfarrkirche) gehörte, St. Agatha zugeordnet. Die älteste urkundliche Erwähnung von Damm findet sich am 22. September 1232 aus Anlass eines Prozesses, bei dem Besitzungen im Ort „Damme“ genannt werden. Die Erstnennungen aus den schriftlichen Quellen geben jedoch keinen Hinweis auf die tatsächliche Entstehungszeit des Ortes im Mittelalter, die deutlich davor liegen kann. Damm war kein selbstständiges Dorf, sondern seine Einwohner waren mit denselben bürgerlichen Rechten und Freiheiten begabt wie die Aschaffenburger. 1819 aber wurde Damm aus dem Stadtverband Aschaffenburg ausgeschlossen. Wohl auch dadurch vollzog sich im 19. Jh. der Wandel vom reinen Agrarort zur industriell geprägten Vorstadt. Zu den wichtigsten, in Damm vorhandenen Industriezweigen gehörten die Steingutfabrik und später die Papierfabrikation sowie die Messwerkzeugherstellung. Aber auch der Anschluss an das Eisenbahnnetz 1854 trug wesentlich zur Entwicklung bei. Das 1901 eingemeindete Damm wurde im Zweiten Weltkrieg bei dem Angriff am 21. November 1944 schwer getroffen. Eine große Anzahl der Wohn- und Geschäftsgebäude fiel den Bomben zum Opfer. Unter ihnen die Pfarrkirche St. Michael von 1877, der Schulbau von 1904/06 und die evang. Pauluskirche von 1934. Im Bereich des Altortes sind archäologische Befunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit anzunehmen. Auch im Bereich einer 1797 bezeugten ehem. Papiermühle, von der sich das Hauptgebäude erhalten hat, dürfen archäologische Befunde, insbesondere Fundamente von abgegangenen Nebengebäuden im Boden vermutet werden. Weitere ehem. Mühlenstandorte an der Aschaff sind heute abgegangen und weitgehend überbaut. So befanden sich westlich und südwestlich des Altortes von Damm jeweils am Südufer der Aschaff zwei weitere Standorte von Mühlen, die auf der Uraufnahme von 1845 mit dem damals vorhandenen Gebäudebestand verzeichnet sind. Die Schwalbenmühle, die auf der Uraufnahme noch mit einem großen Hof eingetragen ist, lag zwischen der Aschaff und einem von dieser abgeleiteten Mühlgraben. Am Standort der Mühle sind archäologische Befunde der Frühen Neuzeit, möglicherweise auch des Mittelalters zu vermuten. Eine weitere abgegangene Papiermühle befand sich direkt an der Aschaff etwa 600 m nordöstlich von der Einmündung der Aschaff in den Main. Das Gelände ist von Gewerbebauten überbaut. Auch hier ist mit archäologischen Befunden der Frühen Neuzeit zu rechnen. Nördlich der Aschaff befindet sich am Fahrbach, der im Bereich des Mühlenstandortes als Wild- bzw. Lohmühlgraben trassiert ist, die ehem. Lohmühle. Im Bereich des heutigen Gebäudebestandes sind Fundamente von Vorgängerbauten und ehem. Nebengebäuden der frühen Neuzeit zu vermuten.

Westlich der Aschaff wurde 1979 das Teilstück eines neuzeitlichen Kanals aus Bruchsteinplatten bei Baumaßnahmen aufgeschlossen, der nach Ausweis einzelner Keramikfunde des 18. und 19. Jh. aus dem direkten Umfeld des Objekts in die frühe Neuzeit zu datieren ist. Bei der Notgrabung, die Mitarbeiter der Aschaffenburger Museen unmittelbar nach der Entdeckung durchführten, konnte der Kanal auf einer Länge von ca. 17 m aufgedeckt und dokumentiert werden. Von dem ost-west-orientierten Objekt zweigt ein Arm nach Norden ab, der auf 6,3 m Länge verfolgt wurde. Vermutlich diente der Kanal zur Drainage. Zwei nicht näher zu datierende vor- und frühgeschichtliche Keramikstücke aus dem Untersuchungsbereich sind vermutlich verlagert.

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 240-241.

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