von Wolfgang Krämer
Die Bezeichnung „Josefsehe“ (auch weiße Ehe, Jungfernehe, Quasimatrimonium, Matrimonium virgineum) ist eine Form der Ehe, in der beide Ehepartner aus Glaubensgründen auf Geschlechtsverkehr verzichten.
Wir schreiben das Jahr 1865, da wurde Johann Schmitt, genannt „Schmitte Hannes“, am 8. Juni als Sohn des Bauern Peter Schmitt und dessen Ehefrau Maria Stolzenberger in Aschaffenburg-Damm geboren. Seine erste Arbeitsstelle erhielt er bei einem Arzt als Pferdekutscher. Weil er auch Honorare für seinen Arbeitgeber kassieren und die Geldmünzen anschließend in Lysol desinfizieren musste, kündigte Hannes und ging zur Bayerischen Staatsbahn. Zuerst als Wagenwärtergehilfe, brachte er es im Laufe der Zeit bis zum Zugrevisor.
Um das Jahr 1909 wohnte er in der Leinwanderstraße 6. Von dort zog es ihn immer wieder zu seinen Kameraden zum Kartenspiel in das Gasthaus „Zum Pompejanum“, das in der gleichen Straße lag. Seine Ehefrau bestand auf Umzug. Sie zogen in die Ohmbachsgasse, später wohnte er mit seiner Familie in der Luitpoldstraße 4b.
Sein letzter Umzug fand statt in die Deutsche Str. 59, ins Haus seiner Tochter Apollonia Junker (einer Tochter aus dritter Ehe).
Er liebte die Geselligkeit, gründete den Bayer. Eisenbahnverein, war Mitglied des katholischen Männervereins und in den 1920er Jahren auch Stadtratsmitglied der Bayerischen Volkspartei.
Er war dreimal verheiratet. Mit seiner ersten Ehefrau Margaretha, geb. Schmittner aus Damm (geb.am 13.3.1867, gest. 1892), hatte er vier Kinder. Nach Margarethas Tod heiratete er seine zweite Frau Juliana, geb. Frankenberger, aus Leider (geb. am 30.10.1861, gest. am 17.6.1897). Sie gebar ihm eine Tochter. Auch diese Ehefrau starb früh.
Seine dritte Ehefrau Theresie Kreszenzia, geb. Orth, kam aus Rothenbuch/Spessart (geb. am 14.6.1866, gest. am 3.1.1944). Sie kam als uneheliches Kind zur Welt. Ihr Vater soll der Gendarm Nikolaus Mitreich gewesen sein, der angeblich nicht die für eine Heirat notwendige Kaution aufbrachte.
Als sie erwachsen wurde, hatte sie den Wunsch in ein Kloster zu gehen. Aber sie wurde nicht aufgenommen, angeblich auf Grund eines Herzfehlers. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie wegen fehlenden Vermögens abgelehnt wurde. Sie wurde Mitglied der Laiengemeinschaften Dritte Orden (eine Lebensform klösterlichen Charakters der katholischen Kirche).
Der Arzt Dr. Karl Brand (er wurde vor Kriegsende 1945 aufgehängt, weil er im Lohrer Krankenhaus die weiße Fahne gehisst hatte) soll Theresie geraten haben, den Witwer Johann Schmitt zu ehelichen. Sie würde gleichermaßen wie in einem Kloster ein christliches Werk tun, da der Witwer doch mit fünf Kindern allein dastehe. Es wäre ein gottgefälliges Werk, diese Kinder großzuziehen.
So heiratete sie am 12.3.1898 in Würzburg den Witwer Johann Schmitt mit dem gegenseitigen Versprechen der „Josefsehe“. Aus dieser Ehe entstanden weitere vier Kinder!
Von ihren 78 Lebensjahren verbrachte sie die letzten zehn Lebensjahre im Bett, ohne dass eine ernsthafte Erkrankung diagnostiziert werden konnte. Ob diese Zuneigung zu einer Bettstätte Grund für die Geburt der vier Kinder war, bleibt unerforscht. Jedenfalls ist das mit der „Josefsehe“ irgendwie danebengegangen.
Ihre Ruhestätte befindet sich auf dem Aschaffenburger Altstadtfriedhof in dem Familiengrab Schmitt/Krämer. Ihr Ehemann Johann verstarb am 11. Juni 1934 im Alter von 69 Jahren.
Aufgeschrieben und recherchiert: Meine Urgroßeltern mütterlicherseits.