Bei einer Baustellenbeobachtung durch die Museen der Stadt Aschaffenburg aus dem Jahre 1984 konnten im unmittelbaren Vorfeld des Schlosses eine gemauerte Latrine oder ein kleiner Keller sowie mehrere frühneuzeitliche Mauerzüge dokumentiert werden. Aufgrund des beschränkten Eingriffes war eine nähere Ansprache nicht möglich. Die auf dem Grundstück Schloßplatz 7 (nach der älteren Zählung Schloßplatz 1) vor dem Finanzamt gelegene Latrine bzw. der Keller war durch eine moderne Versorgungsleitung bereits stark gestört. Die Länge des mit einer Gewölbetonne überspannten Baubefundes ließ sich mit 2,3 m angeben, die Höhe betrug etwa 2 m. Der Innenraum war im Verlauf des 16. Jh. mit verschiedenen Schichten aufgefüllt worden, die sich als ausgesprochen fundreich erwiesen. Es waren darin u. a. verschiedene weitgehend vollständig erhaltene Gefäße, darunter Dieburger Irdenware und zwei qualitätvolle Trichterhalsbecher aus Siegburger Steinzeug. Weiterhin fanden sich Ofenkacheln und Glas. Alle Funde können dem 15. und 16. Jh. zugewiesen werden.
Schlossberg
Bereits 1954 wurde bei Baumaßnahmen an der ehem. Zehntscheune am Schlossberg nördlich des Schlosses eine Brunnenfassung aus behauenen Sandsteinen angeschnitten. Die Funde, einige Keramikscherben und Eisenteile, darunter auch die Klinge eines Reitschwertes sowie eine Kanonenkugel, entstammen dem 16. oder frühen 17. Jh. Der Brunnen war vermutlich während des Schlossneubaus in Betrieb, da nach Martin Balduin Kittel die Wasserversorgung während des Baus unzureichend war. Möglicherweise handelt es sich um den dort erwähnten Schachtbrunnen des „alten Mühlberges“. Die Verfüllung erfolgte wohl spätestens nach Fertigstellung des Schlosses. Die Brunnenöffnung wurde nach der Fundbergung zubetoniert.
Schloßgasse, Schloßplatz, Schloßplatz 3
In der 2. Jahreshälfte 2000 und Januar 2001 ergab sich die Möglichkeit zu einzelnen baubegleitenden Sondagen im Nähebereich der in öffentlicher Hand befindlichen Gebäude Schloßplatz 3, 5 und 7 gegenüber dem Schloss Johannisburg. Die von der Firma ReVe durchgeführten Untersuchungen betrafen vor allem den straßenseitigen Fundamentbereich des Gebäudekomplexes, welcher heute das Finanzamt beherbergt. Bodeneingriffe im Hofbereich und Innenraum wurden ebenfalls berücksichtigt und z.T. auch durch Mitarbeiter der Museen der Stadt Aschaffenburg mit begutachtet. Aus historischen Quellen war bereits bekannt, dass sich auf den Anwesen Schloßplatz 3 und 5 der 1794 als „kurfürstlicher Marstall“ aufgeführte sog. „Alte Marstall“ befand. Dieser könnte sich bereits 1464 an diesem Platz befunden haben, sicher war er aber bereits vor dem Neubau des Schlosses hier. Entlang der Außenmauern des Komplexes wurden mit einem Minibagger mehrere Sondageschnitte von 1,5×3 m angelegt. Neben den zu erwartenden Störungen durch Versorgungsleitungen sowie den Fundamenten und Baugruben der bestehenden Gebäude wurden auch ältere Strukturen aufgedeckt. Wie bei der früheren Beobachtung vor dem Finanzamt blieben die in dem kleinen Untersuchungsfeld freigelegten Mauerzüge aber unspezifisch. An verschiedenen Stellen wurden Reste spätmittelalterlicher Kulturschichten angetroffen. Im Hofbereich des Komplexes, an der Südwestecke des Gebäudes Nr. 3/5 wurde der unvollständige Gewölbebogen eines Kellers dokumentiert, doch konnte der rezent mit Bauschutt verfüllte Keller nicht datiert werden.
Schloßplatz
Möglicherweise stammt ein goldener Spiralring der mittleren Bronzezeit aus dem Bereich des Schloßplatzes oder Schlossgartens. Im Mai 1903 wird die nahtlose Doppelspirale aus Golddraht von 3¾ Windungen erstmals beschrieben. Die Fundumstände sind unbekannt. Wahrscheinlich wurde das Objekt mit einem Durchmesser von 2 cm und einer Höhe von 1,5–1,7 cm als Fingerring genutzt und ist in die Bronze- oder Urnenfelderzeit zu datieren. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es sich um einen verlagerten Flussfund handelt, der mit Materiallieferungen aus dem Main für Renovierungsarbeiten am Schloss Johannisburg angeliefert wurde. Ebenfalls 1903 wurden auf dem Schloßplatz bei Kanalbauarbeiten zwei Körpergräber entdeckt. Unterlagen zu ihrer genauen Lokalisierung oder den weiteren Umständen der Auffindung liegen nicht vor. Zur Bestattung einer Frau gehörten zwei goldene Ohrgehänge, die während des Krieges 1945 im Aschaffenburger Museum verloren gegangen sind. Weitere Beigaben sind nicht überliefert. Nach dem erhaltenen Foto der Bommelohrringe zu urteilen, handelt es sich um Stücke, die aus acht quadrantenförmigen Goldblechen zusammengesetzt waren. Über den Stoßfugen der Streifen befanden sich geperlte Goldblechstreifen, an den Kreuzungspunkten Fassungen, deren Einlagen ausgefallen waren. Die Höhe betrug noch 4 bzw. 2,2 cm. Nahezu entsprechende goldene Bommelohrringe aus einem 1992 entdeckten Kindergrab in Frankfurt werden zusammen mit den weiteren dort gefundenen Beigaben in das frühe 8. Jh. datiert, gehören also noch in die Merowingerzeit. Damit sind bisherige Datierungsansätze, welche die Aschaffenburger Fundstücke der Karolingerzeit zuweisen, noch einmal zu hinterfragen.
Dieser außergewöhnlich qualitätvolle Schmuck wird von Roman Fischer wohl nicht unzutreffend als Hinweis auf einen frühen königlichen oder hochadeligen Herrensitz gedeutet. Von diesem fehlen bis jetzt jedoch die archäologischen Spuren. Für die 2. Hälfte des 9. Jh. geht eine hervorgehobene Bedeutung Aschaffenburgs daraus hervor, dass die sächsische Grafentochter Liutgard hier König Ludwig den Jüngeren (Ludwig III.) heiratete. Liutgard wurde schließlich im Jahre 885 auch in der Aschaffenburger Stiftskirche beigesetzt. Als 1984 die innerstädtische Verbindungsspange zwischen Landingstraße und Friedrichstraße/Weißenburger Straße, den Aschaffenburger Hauptverkehrsachsen, an der nordöstlichen Seite des Schlossberges vorbeigeführt wurde, waren auch archäologische Strukturen von den Bauarbeiten betroffen. Diese konnten baubegleitend dokumentiert werden. Besonders umfangreiche Erdarbeiten fielen durch den Bau des sog. Landingtunnels an. Im Zuge dieser Maßnahme konnte eine in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Trümmern der zerstörten Stadt verschüttete Bastionsmauer wieder freigelegt werden. Dadurch wurde die für das Stadtbild wichtige Dominanz des Schlosses in Bezug zur oberen Stadt wieder hergestellt.
An der nördlichen Ecke der Bastionsmauer wurden die Reste eines etwa 7,5×5 m großen Waschhauses freigelegt. Das Gebäude lehnte sich an die Bastion, die Bastionsmauer war durch eine vorgeblendete Ziegelmauer verdeckt. Erhalten waren noch der Boden aus Sandsteinplatten, ein großer Waschtrog, der aus einem Sandsteinblock gefertigt war, sowie eine aus Ziegeln gemauerte Feuerstelle. Dieser Bau hatte nach Ausweis alter Fotografien noch bis zum Jahre 1945 Bestand gehabt. Hinter der Ziegelwand des Waschhauses war eine ungewöhnliche runde Schießscharte in der Bastionsmauer bewahrt. Ihre fortifikatorische Funktion ist unsicher, eventuell handelt es sich um ein in erster Linie dekoratives, gestalterisches Element. Weitere Befunde wie Bauplätze, Werkstätten und Unterkünfte gehören in die Zeit des Schlossneubaus und gehen mit zahlreichen Funden aus der Endzeit der mittelalterlichen Burg und der Schlosszeit einher. Hervorzuheben ist eine Reihe von mächtigen Sandsteinpfeilern, die parallel zu Strickergasse standen. Sie hatten einen Querschnitt von 1,3 bis 1,5 m, waren in 5 m Abstand zueinander angeordnet und noch bis zu einer durchschnittlichen Höhe von 2,3 erhalten. Offenbar bildeten sie das Fundament einer stattlichen, etwa 50×10 m großen Halle, die sich an das östliche und südliche Ende des Bauhofes für das neue Schloss anlehnte. Eventuell wurde sie als Wagenremise oder als Stallung genutzt.
In das Mauerwerk der Bastion war ein mehr als 21 m tiefer Brunnen mit einem Durchmesser von 2,3 m eingebunden. Damit führte die Sohle bis auf den Grund des damaligen Maintales. Über die Bauzeit konnten keine Erkenntnisse gewonnen werden, da datierende Funde fehlten. Bei den Tiefgrabungen für den Bau des Landingtunnels wurde vor der Nordbastion der ehem. Verlauf des in den Main fließenden Röderbaches erreicht. Über der Bachsohle wurde auch ein begehbarer Kanal aus der Bauzeit des Schlosses mit seiner Überwölbung freigelegt. Der Bachlauf und die Kanalsohle lagen etwa 17 m unter dem heutigen Hofniveau des Schlosses. Für den Bau des Schlosses wurde der Grabeneinschnitt in Verlängerung des Landings mindestes 10 m hoch verfüllt und der Burgberg verebnet, um eine Terrasse zu schaffen. Diese Auffüllung erwies sich insofern als ein Glücksfall, da sie die mittelalterliche Stadtmauer gänzlich überdeckte, die den Graben des Bachlaufes kreuzte, um zur Nordseite der alten Burg zu ziehen. Die Stadtmauer erreichte hier bis zu ihrer Krone eine Höhe von ungefähr 6 m. Sie war in vollfugigem Bruchsteinmauerwerk ausgeführt und mit einem gemauerten, satteldachförmigen oberen Abschluss versehen. Im April 1987 wurde zwischen dem Schloss Johannisburg und dem königlichen Marstall, der heutigen Steinmetzschule, ein kleiner Keller von ca. 6×6 m Innenfläche zufällig angetroffen. Bei der Neupflanzung eines Baumes am sog. Kastanienwäldchen konnten lediglich Schürfe angelegt und beobachtet werden, die einen begrenzten Einblick gestatteten. Der mit einer einfachen Tonne überwölbte Keller zeigte noch Reste von grüner, floraler Wandbemalung. Das Gewölbe war fast bis zur Decke verfüllt. Der Keller gehörte offenbar zum „Alten Schloss“, einer ab 1556 bestehenden Notresidenz, die nach der Zerstörung der Burg im Vorfeld durch die Zusammenlegung mehrerer Bürgerhäuser entstanden war. Ihre Lage ist noch auf einem Stich von Matthäus Merian von 1646 verzeichnet, als sie durch den Neubau des Schlosses schon lange Zeit ihre Funktion verloren hatte.
Beim Vortrieb einer Leitung vom Main zum Schloßplatz wurde 1987 der südöstliche Abschnitt der mittelalterlichen Terrassierungsmauer für die alte Burg getroffen. Bei Straßenbauarbeiten im südlichen Bereich des Schloßplatzes, auf Höhe von Schloßplatz 3, wurde Anfang 1992 in einem Baggerschnitt eine Grube mit zahlreichen Keramikfragmenten angetroffen. Der Befund wurde in einer Notdokumentation archäologisch aufgenommen und das Fundmaterial geborgen. Trotz der Zerstörungen durch den Bagger war die Grube als Kalkschlämmbecken von 4 m Länge rekonstruierbar, dessen eine Seitenwand noch bis 1 m Höhe erhalten war. Boden und Seitenwände waren mit einer dicken, festen Kalkschicht bedeckt. Die Datierung in die 2. Hälfte des 18. Jh. ergibt sich durch das Fundmaterial aus der Grube und der überdeckenden Schicht. Damals wurden in Schloss Johannisburg umfassende Stuckateurarbeiten ausgeführt. Der Bezug zum Schloss lässt sich jedoch nicht allein durch die räumliche Nähe, sondern insbesondere durch das Fundmaterial herstellen. In der Grubenverfüllung fanden sich Ziegelbruchstücke, Dachpfannen, Gefäßkeramik und Glas. Beachtenswert ist die große Anzahl von ausgesprochen qualitätvollen Ofenkacheln, darunter Tapetenkacheln mit Diamantschnittmuster und Blüten, prächtige Ofenaufsätze in Form von Meerpferden und Delfinen sowie fein gearbeitete Blattkacheln. Das Wappen des Erzbischofs Johann Schweikard von Kronberg belegt die Zugehörigkeit dieser Stücke zur Erstausstattung des Schlosses. Ab 1766 wurden die Kachelöfen durch gusseiserne Öfen ersetzt (vgl. Schloßplatz 2) und in der Kalkschlämmgrube entsorgt, die ebenfalls mit dem Innenausbau des Schlosses zusammenhing.
Die eigentliche Grubenverfüllung war zunächst von einer Schicht mit vielen Tierknochen und malhorndekorierter Keramik und darauf mit einer sandigen, humosen Schicht überdeckt, bevor die rezenten Aufschüttungen für den Straßenbelag folgten. (Vgl. auch Bodendenkmäler, Ridingerstraße bzw. Schloßgasse)
Schloßplatz 2
Beim Bau der neuen Stadtbibliothek wurden 1990 weitere Bodeneingriffe notwendig, die archäologisch durch die Museen der Stadt Aschaffenburg begleitet wurden. Dabei wurde hauptsächlich Kriegsschutt entfernt, mit dem der Platz nach dem Zweiten Weltkrieg aufgefüllt worden war. Außerdem konnten unter großem Zeitdruck fünf gemauerte Abfallgruben mit Funden des 16. bis 18. Jh. dokumentiert werden. Eine Besonderheit stellt ein für den Bau einer Latrine verwendetes Weinfass aus Eichenholz mit Weidenreifen dar, das sich im feuchten Milieu recht gut erhalten hatte. Das Fundgut hieraus stammt aus dem 19. Jh. Am meisten Beachtung verdient jedoch die Auffindung von ungefähr 40 gusseisernen Öfen, die in einem 1945 durch Bomben zerstörten Schuppen entdeckt wurden. Die Öfen aus der 2. Hälfte des 18. Jh. gehörten zur ehem. Ausstattung von Schloss Johannisburg und hatten die älteren Kachelöfen des 16. und 17. Jh. ersetzt, die durch die archäologischen Funde aus dem Schloss zahlreich zu belegen waren. In den 1920er Jahren hatte man die eisernen Öfen nach dem Einbau einer Zentralheizung aus dem Schloss entfernt. Zuweisung und Datierung der Öfen sind durch die auf ihnen befindlichen erzbischöflichen Wappen eindeutig. Sie wurden demnach zwischen 1766, als erstmals 71 eiserne Öfen im Schloss aufgestellt wurden, und 1779 hergestellt.
Quelle:
Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 223-227.