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Ludwigstraße

Als Ludwigstraße wird der vor dem Bahnhof entlangführende Straßenabschnitt bezeichnet. In westlicher Richtung hat die Ludwigstraße ihre Fortsetzung als Maximilianstraße und in östlicher Richtung als Elisenstraße. Die Entwicklung der Straße begann mit der Inbetriebnahme des Aschaffenburger Bahnhofes am 1. Oktober 1854. Die zunächst als „Große Bahnhofstraße“ bezeichnete Straße wurde 1871 nach dem bayerischen König Ludwig II. (1845–1886) benannt. Sie ist gesäumt von mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshäusern der 2. Hälfte des 19. Jh. und der Nachkriegszeit.

Ludwigstraße 5

Im Februar 1911 erwarb Kleiderfabrikant Gustav Haas das seit 1862 bestehende Gebäude Ludwigstraße 5 und ließ es von Bauunternehmer Johann Scheuermann abreißen. Für seine 1893 gegründete Kleiderfabrik ließ er von Architekt Heinrich Morhard den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit Verkaufsräumen und einem Rückgebäude für die Fertigung planen. Seit etwa 1922 waren die Witwe Klara Haas und ihre Söhne Ernst und Adolf Inhaber der Kleiderfabrik. Sie ließen 1929 einige bauliche Änderungen am Rückgebäude vornehmen, bevor 1932 das Anwesen in den Besitz der Firma Körber & Sauer überging, die die Herrenkleiderfabrik fortführten. Bei mehreren Luftangriffen ab November 1944 wurde das Gebäude im Bereich des Daches stark in Mitleidenschaft gezogen, in der Folge entstanden auch Schäden an der Fassade. 1946 erfolgte die Instandsetzung der beschädigten Straßenfassade und der Wohnungen, der Dachstuhl zum Seitenanbau wurde neu errichtet. 1953 wurden die Schaufenster der Läden im Erdgeschoss vergrößert, indem man die Brüstungsfelder entfernte. Das Betriebsgebäude wurde 1956 erweitert und 1989 darunter eine Tiefgarage errichtet. Ähnlich wie andere von Heinrich Morhard in Aschaffenburg entworfene Wohn- und Geschäftshäuser besitzt der Bau eine repräsentative Fassade, bei der das Material Sandstein als bewusstes Gestaltungsmittel eingesetzt ist. In diesem Fall ist die gesamte Fassade aus roten Sandsteinquadern gefertigt. Von den fünf Fensterachsen treten die mittleren drei in Form eines Risalits etwas hervor. Die Mittelachse erfährt eine weitere Betonung durch einen flachen halbrunden Erker, der im 3. Obergeschoss als Balkon ausgebildet ist. Der Risalit ist von einem Mansarddach überfangen. Der übrige Bau ist mit einem Satteldach abgeschlossen. Die breiten Öffnungen im Erdgeschoss für Hofdurchfahrt, Schaufenster und Ladeneingänge schließen korbbogig. Der Eingang zu den Wohnungen befindet sich auf der äußersten rechten Seite. Er ist mit einer architektonischen Rahmung aus Pilastern und einem geraden, verkröpften Sturz mit Vasenaufsätzen und einem Oberlicht versehen. Die Fenster des 1. Obergeschosses sind rund- bzw. korbbogig mit radial gesetzten Steinquadern und einem kräftigen Scheitelstein. Die Fenster des 2. und 3. Obergeschosses haben hochrechteckige Formate mit neubarocker Rahmung und gerader Verdachung bzw. Ohrung. Im Mansarddach sitzt eine halbrunde Gaube mit zwei Fenstern und einem querliegenden ovalen Fenster. Daneben befinden sich achsgerecht weitere Gauben. Das repräsentative Wohn- und Geschäftshaus ist ein anschauliches Beispiel für die blühende Textilindustrie am Beginn des 20. Jh. in Aschaffenburg und dokumentiert die Bedeutung des Stadtgebietes, die sich mit dem Bahnhof seit Mitte des 19. Jh. ergab.

Ludwigstraße 7

1892 genehmigte die Stadt den Neubau des viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses, den die Bauunternehmer Franz und Roman Woerner für den Kleiderfabrikanten Leopold Hamburger geplant hatten. 1894 wurde das Anwesen um ein eingeschossiges Rückgebäude über L-förmigem Grundriss ergänzt. Es war mit dem Wohn- und Geschäftshaus verbunden und darüber auch zugänglich. Gegenüber dem Rückgebäude wurde 1901 ein weiteres zweigeschossiges Gebäude für die Lagerung von Rohstoffen und fertigen Arbeiten errichtet. In der Folge hat man das erste Rückgebäude dem Lagergebäude angeglichen und um ein 2. Stockwerk erhöht. 1937 übernahmen die „Bayerischen Bekleidungswerke Kellner, Rittinger & Co. GmbH“ das Anwesen. Im Zweiten Weltkrieg entstanden durch Luftdruck Schäden am Wohnhaus, es konnte aber bereits 1945/46 instand gesetzt werden. Das Rückgebäude wurde 1952 durch einen Neubau ersetzt. Ab der 2. Hälfte der 1950er Jahre erfuhren die Verkaufsräume im Erdgeschoss mehrfache Veränderungen und Modernisierungen. 1982 wurde in dem Anwesen die erste Ladenpassage in Aschaffenburg mit neun Geschäften und einem Café realisiert. Die zwischen 1891 und 1898 in Aschaffenburg vielfältig tätigen Bauunternehmer Woerner gestalteten die Fassade des sieben Fensterachsen breiten und vier Geschosse hohen Wohn- und Geschäftshauses in einer Mischung der historistischen Stile Neugotik und Neurenaissance. An der asymmetrisch gestalteten Fassade des Baus ist nicht zu erkennen, dass es sich ursprünglich um ein Doppelhaus (ehem. Hausnrn. 9 a und b) handelte. Die rechteckigen Fenster sind mit einem schmalen Rundstabprofil versehen, welches in den Ecken überkreuzt ist. Einzelne Fenster im 3. Obergeschoss sind gekuppelt, andere sind mit Vorhangbögen versehen. Drei unregelmäßig auf der Fassade verteilte Balkone mit Sandsteinbrüstung beleben die Fassade zusätzlich. Auf der linken Seite ist ein für die Gebrüder Woerner typisches Gestaltungselement zu sehen: eine turmähnlich ausgebildete Achse, die ursprünglich mit einem hohen Walmdach und einem Giebel versehen war. Die Mittelachse über der Durchfahrt zum Hof ist mit einem kleinen Zwerchhaus betont. Auf der rechten Gebäudehälfte ist die Fensterachse ab dem 1. Obergeschoss zu einem dreieckigen Erker ausgebildet.

Ludwigstraße 8

Die ehem. Güterabfertigung des Wechselbahnhofs der königlichen Ludwig-Westbahn bestand aus einem dreigeschossigen Mittelbau und zwei eingeschossigen Flügeln mit flach geneigten Satteldächern mit Dachüberstand und einer Laderampe. Hier wurden verschiedene Warengüter vom Schienenverkehr abgeladen und für den Transport auf der Schiene in Waggons aufgeladen. In den 1990er Jahren verlor die Güterabfertigung ihre Funktion und wurde 2007 durchgreifend saniert und zu einem regionalen Omnibusbahnhof umfunktioniert. Der aus roten und grauen Sandsteinquadern errichtete Hauptbau hat die Form eines italienischen Palazzo mit drei Vollgeschossen und einem niedrigen Mezzaningeschoss. Er ist vertikal durch Lisenen aus roten Sandsteinquadern in fünf zu drei Achsen gegliedert. Die horizontale Gliederung bildet das Sohlbankgesims unter den Fenstern des 1. Obergeschosses. Auf der zur Stadt gewandten Hauptfassade sind die Fenster und der Eingang rundbogig, die übrigen Fenster rechteckig mit profilierten Gewänden. Das Gebäude ist gemeinsam mit dem einige Jahre später errichteten Verwaltungsgebäude Elisenstraße 30 Zeugnis der ersten Bauten der Mitte des 19. Jh. errichteten Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Würzburg.

Ludwigstraße 17

Im Frühjahr 1945 entstand durch einen Bombentreffer am Haus der Firma Glas-Dreisbusch Totalschaden, der den Abbruch zur Folge hatte. Architekt Ernst Brönner plante 1955 den Wiederaufbau des Wohn- und Geschäftshauses. Über den Kellern des Vorgängerbaus aus der 2. Hälfte des 19. Jh. entstand ein viergeschossiger Stahlbetonskelettbau mit zweigeschossig überbauter Hofdurchfahrt und einem zweigeschossigen Rückgebäude mit Flachdach sowie Garagen. Die zeittypische Konstruktion aus Betonstützen und -decken ermöglicht die durchlaufenden Fensterbänder auf der Straßenfassade und im Innern eine weitgehend freie Grundrissgestaltung. Über die gesamte Breite der Fassade läuft ein Vordach, welches das Erdgeschoss optisch und konstruktiv von den Obergeschossen trennt. Im Erdgeschoss ist die Konstruktion hinter den großen Schaufenstern zu sehen, sie springt leicht zurück, wohingegen sie im Bereich der Obergeschosse an der Fassade ablesbar ist. Den Abschluss der Fassade bildet ein überstehendes Gesims, hinter dem sich das Satteldach versteckt, welches man formal an einem solchen Gebäude nicht erwarten würde. Im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses befinden sich Läden und Ausstellungsräume, welche die gesamte Gebäudetiefe einnehmen. Im 1. Obergeschoss wurde eine weitere frei gestaltbare Einheit geplant, die wegen der Betonstützen ebenfalls ohne Zwischenwände auskommen kann. Im 2. und 3. Obergeschoss waren je drei Wohnungen vorgesehen. Das Dach des Überbaus der Hofdurchfahrt dient einer der Wohnungen im 2. Obergeschoss als Terrasse. Das Nebengebäude entlang der Grundstücksgrenze zu Haus Nr. 15 wurde mit Souterrain und einem Hochparterre ebenfalls in Skelettbauweise errichtet. Es wird gewerblich genutzt. Im Winkel dazu sind vier Garagen angefügt. An der westlichen Giebelseite des Wohn- und Geschäftshauses befindet sich ein farbiges Glasmosaik von Alois Bergmann-Franken.

Ludwigstraße 19

Das Geburtshaus des Malers Ernst Ludwig Kirchner, der hier am 6. Mai 1880 zur Welt kam, war eines der ersten Wohnhäuser, die an der neuen Straße gegenüber dem Bahnhof entstanden; es wurde 1861 für die Witwe des kgl. Rentamtsdieners Reichert errichtet. Der erste Bau stürzte jedoch ein, sodass noch 1861 erneut Pläne zur Genehmigung eingereicht wurden, welche im September 1862 erfolgte. Das heute von höherer Architektur umgebene klassizistische, ehemals frei stehende Wohnhaus wurde an der Baulinie der damaligen „Eisenbahnstraße“ 1862 erbaut und verfügte über einen Garten. Der zweigeschossige traufständige Satteldachbau mit Kniestock ist von einem breiten Zwerchgiebel gekennzeichnet. Die Fenster sind zu Paaren zusammengefasst und mit einer profilierten Rahmung sowie Konsolen und einer geraden Verdachung versehen. Bemerkenswert ist der auf fünf gusseisernen Konsolen ruhende Balkon im Obergeschoss mit filigranem Eisengeländer. Die Fassade ist mit flachen Putzgliederungen versehen. Erschlossen wird das Gebäude auf der östlichen Giebelseite. Die Innenaufteilung ist bis auf das Erdgeschoss im Ober- und Dachgeschoss im bauzeitlichen Zustand erhalten. Im Obergeschoss zeigt sich noch die traditionelle Anordnung der Wohnräume, wie sie im gehobenen bürgerlichen Wohnbau der 2. Hälfte des 19. Jh. üblich war. Über einen Mittelgang sind die zur Straße gelegenen Repräsentationsräume wie Herrenzimmer, Salon und Speisezimmer erschlossen. Der Salon hat abgeschrägte Ecken, in denen die Kaminzüge verliefen und die Öfen standen. Im rückwärtigen Gebäudeteil lagen die Wirtschaftsräume Küche und Bad. Die Aufteilung der Räume im Dachgeschoss, die wohl dem Dienstpersonal dienten, entspricht der des Obergeschosses. 1928 ließ der Kaufmann Eugen Künzig ein Lager- und Werkstattgebäude mit überbauter Einfahrt auf der rechten Giebelseite errichten. Wesentlich einschneidender war die Einbringung von zwei Schaufenstern im Erdgeschoss der Straßenfassade, die von Carl Künzig 1937 vorgenommen wurde. Nachdem das Anwesen im Zweiten Weltkrieg leicht beschädigt wurde, hat man beim Wiederaufbau auf der südlichen Dachhälfte einen Aufbau mit vier Fenstern angebracht. Bei der jüngsten Sanierung des sog. „Kirchnerhauses“ wurden die Schaufenster rückgebaut und so die Fassade äußerlich wieder in den bauzeitlichen Zustand versetzt.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 91-94.

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