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Hofgartenstraße

Die heute als Hofgartenstraße bezeichnete Verbindung entlang der östlichen Begrenzung des Schöntals zwischen Platanenallee und Würzburger Straße war einst ein von hohen Bäumen gesäumter schmaler Fahrweg entlang der den Park Schöntal begrenzenden Stadtmauer. Der Weg wurde noch bis zum Ende des 19. Jh. wie die an der Nordseite des Schöntals verlaufende Straße „Platanenallee“ genannt. Bis 1950 war die Fahrbahn schmal und nur zweispurig, vor den Gebäuden an der Ostseite der Straße bestanden noch Vorgärten, dann folgte ein breiter Gehsteig und eine Baumreihe. Später wurden die Baumreihe und die Vorgärten beseitigt, um die Straße zu verbreitern.

Hofgartenstraße 1/1 a – Landschaftspark Schöntal

Die ehem. Orangerie, ein eingeschossiger Walmdachbau auf L-förmigem Grundriss, wurde am Ende des 18. Jh. nach Plänen von Emanuel Joseph von Herigoyen für den kgl. Hofgarten errichtet. Auf der zur Straße orientierten Fassade sind rechteckige, sandsteingerahmte Fenster mit Klappläden gesetzt, zum Park hin große rundbogige Fenstertüren. Das heute öffentlich genutzte klassizistische Gebäude der Erthal-Zeit ist ein repräsentativer Versorgungsbau der Gartenkultur und als letzte erhaltene bauliche Anlage des Hofgartens ein wichtiger Teil des heutigen Parks.

Der östlich der Altstadt gelegene Stadtpark wird begrenzt von der Platanenallee im Norden, der Hofgartenstraße im Osten und der Würzburger Straße im Süden. Die westliche Begrenzung bildet die in diesem Bereich gut erhaltene Stadtmauer hinter dem Roßmarkt. In seiner heutigen Ausdehnung setzt sich der Park aus dem ehem. Tiergarten und dem um 1725 angelegten „neuen Küchengarten“ zusammen. Der Tiergarten wurde unter Erzbischof Dietrich Schenk von Erbach (reg. 1434–1459) zwischen 1440 und 1450 vor der mittelalterlichen Stadtbefestigung, dem Mauerzug zwischen Herstalltor und Sandtor, zur Versorgung des Hofes mit Wildbret angelegt und ummauert. Ein Jahrhundert später kaufte Kardinal Albrecht von Brandenburg (reg. 1490–1545) die nördlich der Tiergartenmauer gelegenen Grundstücke und ließ dort einen Gemüsegarten anlegen. Unter Erzbischof und Kurfürst Friedrich Carl von Erthal erfolgte nicht nur der Abriss der Stadtbefestigung, die auch den Hofgarten umschloss, sondern ab ca. 1776 auch dessen gezielte Umgestaltung in einen Park im Stil englischer Landschaftsgärten. Man begann zunächst mit der Anlage des Parks im Bereich des Küchengartens durch Anpflanzung von Ziergehölzen, diversen Bäumen und dekorativen Büschen nach 1777/78 gezeichneten Entwürfen von Emanuel Joseph von Herigoyen. Die weitere Gestaltung erfolgte um 1785 nach Plänen von Friedrich Ludwig von Sckell.

Vom ehem. Herstalltor her zieht sich ein etwas tiefer gelegener, schattiger Weg, das „melancholische Tal“, entlang des ehem. Stadtgrabens. Dieser führt über einen künstlichen „Berg“ um die Biegung der ehem. Stadtbefestigung am Schenkenturm herum und erreicht die von einem angelegten See umschlossene Kirchenruine der ehem. Heiliggrabkirche. Von hier weitet sich der Park in ein von Bäumen gesäumtes weites Wiesental mit dem langgezogenen „Oberen See“. Im südöstlichen Bereich der Anlage befindet sich ein kleiner Bereich mit Blumenparterren in einem symmetrischen Wegesystem mit einer barocken Herkulesstatue, außerdem ein Magnolienhain. Nördlich davon steht das nach Plänen von Emanuel Joseph von Herigoyen errichtete Orangeriegebäude. Die Reste der Stadtmauer mit dem Schenkenturm sowie die Ruine der ehem. Heiliggrabkirche mit einer zweibogigen Brücke werden als dekorative Teile des Stadtparks genutzt. Dabei bildet die Kirchenruine am Nordufer der Insel im Unteren See des Parks den Kern der seit der Umgestaltung Ende des 18. Jh. als „Schönes Tal“, später Schöntal bezeichneten Anlage. Die Heiliggrabkirche wurde zwischen 1543 und 1545 als Stiftung vom Mainzer Erzbischof und Kardinal Albrecht von Brandenburg als Kirche für einen Beginenhof errichtet. Zweck des Kirchenbaus war vorrangig die standesgemäße Versorgung seiner Mätresse Agnes von Pleß (1502–1547), die er aus demselben Grund zur Vorsteherin des Beginenkonvents gemacht hatte. Da dies in den Kreisen des Mainzer Domkapitels aber auf wenig Verständnis stieß, wurde der Bau unter seinem Nachfolger Sebastian von Heusenstamm (1508–1555) nicht weiter gefördert und nach dem Ableben von Albrecht von Brandenburg aufgelassen. Als Baumeister der einschiffigen Hallenkirche wird der Kunstmaler Simon Franck angenommen. Das dreijochige Kirchenschiff schließt mit einem halbrunden Chor ab. Der Bau besteht aus Bruchsteinmauerwerk und ist mit einer Eckquaderung aus Sandstein versehen. An der Nordseite sind drei Strebepfeiler erhalten.

Die Westfassade ist leicht schräg gestellt. Hier verläuft ein schmaler Gang von der Nord- zur Südseite, der ehemals mit einer Flachtonne gewölbt war. Er ist zum Kirchenschiff hin geschlossen und wird von drei quadratischen Fenstern mit gestelzten Profilen beleuchtet. An der Südostecke des Ganges befindet sich ein sowohl vom Gang als auch vom Kirchenraum aus zugänglicher Treppenturm. Dieser führte auf eine über dem Gang gelegene Empore und in den Dachraum. Nach den in der Ruine erhaltenen Kämpfern zu urteilen, war die Kirche mit einem Kreuz- bzw. Kappengewölbe gedeckt. Das Gewölbe besteht nicht mehr. Auf der Südseite befinden sich zwei spitzbogige Eingänge, von denen der eine mit der Bezeichnung „1543“ im Scheitel ins Kirchenschiff führt und der zweite in den schmalen Gang. Links des Eingangs zum Kirchenschiff liegt ein dritter, rundbogiger Eingang. Im Bereich des ersten Joches war auf der Südseite des Kirchenbaus eine wohl zweigeschossige Sakristei angefügt. Von dieser sind nur noch wenige Mauerreste erhalten. Zur Ausstattung der möglicherweise nie geweihten Kirche gibt es keine gesicherten Überlieferungen. Angenommen wird, dass Albrecht von Brandenburg hier seine Grablege vorgesehen hatte und zahlreiche Kunstwerke und -schätze aus dem aufgelösten Hallenser Stift in die Kirche nach Aschaffenburg hat bringen lassen. Nach seinem Tod wurden diese dem Stift St. Peter und Alexander übertragen und größtenteils verkauft, um Schulden zu tilgen, die der Kardinal hinterlassen hatte.

1626 soll Kurfürst Georg Friedrich von Greiffenklau den in der Stadt neuen Kapuzinern die Kirche als Standort angeboten haben. In welchem Zustand sie sich zu diesem Zeitpunkt befand, ist unklar. Die Kapuzinier zogen jedenfalls nicht ein. Im Januar 1641 wurde wohl mit dem Abbruch der Kirche begonnen. Bei den Arbeiten wurden im Turmkopf Reliquien gefunden. Näheres ist über die Abbrucharbeiten, die schließlich nicht zu Ende geführt wurden, nicht bekannt. Allerdings sind vom frühen 17. Jh. schriftliche Nachrichten zu einer aufgelassenen Kirche überliefert. Über die Nutzung der Kirche seit Mitte des 17. Jh. gibt es keine Kenntnis. Auf dem 1646 von Merian gezeichneten Stadtplan sind die Gebäude des ehem. Beginenkonvents mit ihren Grundmauern noch eingezeichnet und mit „Alt gebeug“ bezeichnet. Unter Fürstprimas Carl Theodor von Dalberg (1744–1817) schließlich wurde die Ruine der ehem. Kirche für eine Parkstaffage umgestaltet. Im Pfarreienplan von 1809 ist sie als solche auch dargestellt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Ruine durch mehrere Bombentreffer beschädigt und gegen Ende des Krieges durch Artilleriebeschuss weiter zerstört. Wegen des hohen Zerstörungsgrades sollte sie nach dem Krieg zunächst abgetragen werden, was jedoch nie geschah. Neben ihrer dekorativen Funktion als pittoresker Bestandteil des im 18. Jh. angelegten Parks stellt die Ruine der ehem. Heiliggrabkirche heute ein Denkmal einer der Schlüsselfiguren der Reformationszeit dar und ist ein anschauliches Beispiel für die im 16 Jh. ausgetragenen Konflikte um Glauben und Macht.

Hofgartenstraße 6

Das heute als Klinik genutzte Gebäude wurde 1912 von Architekt Heinrich Morhard als Schulhausneubau des Töchterschulvereins Aschaffenburg entworfen. Bauherr war M. Conrad. Seit Anfang der 1930er Jahre wurde das Gebäude als Klinik von Dr. Friedrich Wahlig genutzt. 1936 und 1947 erfolgten für die Klinik diverse Änderungen der Grundrisse und der Anbau einer Liegeterrasse. Durch mehrere Luftangriffe wurden im Zweiten Weltkrieg Schäden an fast allen Räumen der Klinik verursacht. Das Dach wurde durch Bomben von Jagdbombern durchschlagen, Granaten durchlöcherten Außen- und Innenwände sowie Decken. Der Architekt Ludwig Dölger leitete 1969 die Umbauarbeiten und Erweiterung der Klinik. Ein weiterer Umbau erfolgte 1989. Der dreigeschossige Mansardwalmdachbau wurde im historistischen Stil mit formalen Elementen des Neubarocks errichtet. Das hohe Erdgeschoss ist mit rustizierten Sandsteinquadern hervorgehoben. Die zur Hofgartenstraße gerichtete Hauptfassade hat zehn Achsen, von denen die dritte bis fünfte als Risalit ausgebildet ist. In der Mittelachse des Risalits befindet sich ein rundbogiges Portal mit radialen Bogenquadern und einem reliefierten Scheitelstein. Zwischen den Risalitachsen verlaufen genutete Pilaster. In den Brüstungsfeldern des 2. Obergeschosses sind Reliefs angebracht. Darüber folgt ein Giebel mit Walmdach, welcher etwas zurückversetzt ist und somit Raum für einen schmalen Balkon bietet, dessen Brüstung ursprünglich mit Vasen besetzt war. Die übrigen Fassaden sind mit hohen Fenstern, die auf umlaufenden Gesimsen aufsitzen, klar gegliedert.

Hofgartenstraße 12

1878 zeichnete der Bauunternehmer Caspar Schmelzer die Pläne für den Neubau eines Wohnhauses an der Hofgartenstraße (ehemals Platanenallee 15) zur eigenen Nutzung. 1881 kam an der südlichen Grundstücksgrenze eine „provisorische Halle“ hinzu, die wenige Jahre später von einem Stall- zu einem Lagergebäude umgebaut wurde. Die Luftangriffe im November und Dezember 1944 verursachten schwere Schäden an dem Gebäude, sodass bei den Instandsetzungsarbeiten 1948 ein Unterzug im Erdgeschoss zur Stabilisierung der Decke eingebaut werden musste. Der zweigeschossige Satteldachbau erhebt sich traufständig auf fast quadratischem Grundriss mit vier zu zwei Fensterachsen. Das Wohnhaus wurde aus farbigen Sandsteinquadern errichtet und ist unverputzt. Der Sockel ist bis zum umlaufenden Geschossgesims aus roten Sandsteinquadern gleichmäßig gemauert, das Obergeschoss und der Giebel sind in abwechselnden Lagen aus roten und gelben Sandsteinquadern aufgeführt. Die vier hochrechteckigen Fenster der Hauptfassade sind mit triglyphierten Konsolen unter den Fensterbänken und einem geraden profilierten Sturz dekoriert. Die etwas kleineren Fenster des Erdgeschosses sind mit einer einfachen Blockrahmung versehen. Der schlichte spätklassizistische Bau von 1878 ist einer der ersten Wohnbauten an der im 19. Jh. noch nur mit Gärten und Wiesen gesäumten Straße.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 72-74.

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