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Erbsengasse

Die Erbsengasse verläuft östlich des Schönborner Hofes und verbindet die Sandgasse mit der Wermbachstraße. Der ungewöhnliche Name der Gasse soll nach archivalisch nicht belegbaren Erläuterungen in Aschaffenburger Adressbüchern auf den hier gespeicherten Erbsenzehnten zurückgehen. Da sie in einer Urkunde des 17. Jh. genannt wird, bestand die Gasse bereits vor dem Bau des Schönborner Hofes. Bis 1807 grenzte an die Gasse der Reigersbergische Baumgarten, der sich bis zur Betgasse hinzog und im 19. Jh. in Bauparzellen aufgelöst wurde. Heute ist die Gasse beidseitig mit mehrgeschossigen Mietwohnhäusern bebaut. Der im Knick der Gasse nach Osten abgehende Teil der Gasse ist eine Veränderung der letzten Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Erbsengasse 2

Von dem als „Haus zum Storchennest“ bezeichneten ehem. Wohnsitz der Freiherren von Hettersdorf in der Erbsengasse sind weder die genaue Bauzeit noch die Bauherren des Renaissancebaus überliefert. Auch die Herkunft seines ungewöhnlichen Namens ist unklar. 1699 verkaufte der Hof- und Konsistorialrat Philipp Christoph Reibold das Anwesen an Sophia Freifrau von Schönborn, womit es Teil des Schönborner Hofes wurde, der 1832 wiederum von Franz Erwein Damian Joseph Graf von Schönborn an die Stadt verkauft wurde. Durch die Errichtung eines Zwischenbaus 1878 wurde das „Haus zum Storchennest“ mit dem Flügel auf der Seite der Erbsengasse baulich verbunden. Das Gebäude war ab 1836 das Domizil der „Kleinkinderbewahranstalt“ des Aschaffenburger Frauenvereins, der zwischen 1837 und 1842 verschiedene Baumaßnahmen durchführen ließ. Einige Teile des Gebäudes mussten wegen ruinösen Zustandes abgebrochen werden, das giebelständige Haupthaus wurde in Richtung Westen durch einen zweigeschossigen Anbau erweitert. Dabei gelangte u. a. das Portal von der westlichen an die östliche Traufseite. 1843 erfolgte der Anbau einer Leiterhalle für die Feuerwehr an das „Haus zum Storchennest“, der bis 1928 in Gebrauch war. Als das Waisenhaus 1896 aus dem Gebäude auszog, wurde es für Wohnungen hergerichtet. 1930 wurde ein Knabenhort eingerichtet, bevor das Gebäude 1945 kurzzeitig als Lazarett und Durchgangslager für Flüchtlinge diente. Während des Krieges wurden bei verschiedenen Luftangriffen das Dach, die Außen- und Zwischenwände sowie Fenster und Türen des Gebäudes beschädigt. Nach der Wiederherstellung diente es zwischen 1968 und 1971 als Schule für Bekleidungstechniker. 1975 wurde die Fassade renoviert und dabei die den Giebel schmückenden Delfine erneuert. Seit 1981 ist das „Haus zum Storchennest“ dem Stadt- und Stiftsarchiv eingegliedert.

Der zweigeschossige Massivbau ist mit vier Achsen zur Erbsengasse gerichtet. Die rechten beiden Achsen sind von einem Giebel bekrönt, dessen Stufen mit Delfinleibern geschmückt sind. Als Giebelabschluss dient eine männliche Halbfigur mit zwei Delfinschwänzen. Das Gebäude ist verputzt. Die Eckquaderung und die Fenstergewände sowie die Gurtgesimse sind aus rotem Mainsandstein gefertigt. Die Fenster sind gekuppelt mit gestelzten Profilen, wobei die des westlichen Anbaus im 19. Jh. denen des giebelständigen Hauptbaus stilistisch angepasst worden sind. Unter dem Gebäude befindet sich ein Kellergewölbe, welches über den rundbogigen Kellerabgang mit Rahmung aus diamantierten Rotsandsteinquadern auf der Giebelseite zugänglich ist. Die Eingangstür mit Oberlicht in der zweiten Achse von links wurde beim Umbau 1837 erstellt. Das auf die östliche Traufseite versetzte Portal ist zugesetzt. Zwei Säulen mit korinthischem Kapitell auf Würfelsockeln mit Fratzen flankieren das rundbogige Portal, welches mit einem als Frauenkopf gestalteten Schlussstein versehen ist. In den Zwickeln sind Reliefs eines Männer- und eines Frauenkopfes dargestellt. Darüber verläuft ein verkröpftes Gebälk, auf dem eine von Rollwerk gefasste Wappenkartusche die Wappen der Familien Faust von Stromberg und von Hettersdorf zeigt. Rechts und links des Wappens werden die Säulen in Form von Würfeln mit Gebälkstücken fortgeführt. Der Bau des „Hauses zum Storchennest“ wird aus stilistischen Gründen um 1600 bis 1610 angenommen. Den Wappen zufolge waren die Bauherren wohl die Familien Faust von Stromberg und von Hettersdorf.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 38-39.

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