Skip to content

Dossier Siegfried Rischar

Siegfried-Rischar-Straße (Innenstadt), benannt 2011 nach

Siegfried Rischar (1924 – 2009)

Maler und Grafiker

  • * 22. August 1924 in Aschaffenburg
  • Schulbesuch in Aschaffenburg(-Schweinheim)
  • 1939 – 1942 Lehre zum Gebrauchswerber in einem Aschaffenburger Kaufhaus
  • 1942 – 1945 Kriegsmarine, 5. Kompanie der 10. Schiffstammabteilung; 1943 – 1945 Geleitdienste in der östlichen Ostsee
  • Während der Zeit bei der Kriegsmarine Gaststudent an den Zeichenschulen in Riga und Gotenhafen
  • 1944 Obergefreiter
  • 1945 Kriegsgefangenschaft und Rückkehr nach Aschaffenburg
  • 1947 Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Bildende Künste „Städel“ in Frankfurt am Main; Studium bei Wilhelm Heise (ca. 1948 – 1950); Aufgabe des Studiums aus wirtschaftlichen Gründen
  • 1950 – 1958 Arbeit als Gebrauchsgrafiker, Chefdekorateur in einem Aschaffenburger Kaufhaus, daneben künstlerische Arbeit, Illustrationen für Zeitungen und Zeitschriften
  • Ab 1958 freischaffender Künstler im ehemaligen Atelier des Malers Adalbert Hock (zusammen mit dem Maler und Grafiker Walter Roos)
  • 1964 „Im Ellenbogen Sylt“
  • 1965 – 1967 Wachskreidezeichnungen
  • 1966 „Das weiße Kleid“
  • 1967 Kreuzweg in der Wallfahrtskirche Hessenthal
  • 1972 Reise nach Indien mit Ausstellungen seiner Werke
  • 1975 Fassadenbild „Der Weltbaum I“ im Berliner Tiergartenviertel (zusammen mit Ben Wagin)
  • 1984 – 1987 Wandfriese Goethes Faust II für die Landeszentralbank Hessen
  • 1986 Fassadenbild „Werden, Sein, Vergehen“ im Berliner S-Bahnhof Savignyplatz
  • 1986 – 1989 Bilderzyklus Faust II
  • 2001 „Requiem für meinen Sohn“
  • 2002 Reise nach New York
  • 2003 „Inferno“
  • † 9. Oktober 2009 in Aschaffenburg

Ehrungen:

  • 2001 Kulturpreis der Stadt Aschaffenburg
  • 2008 Kunstpreis der Lions Clubs München

 

Der Maler und Zeichner Siegfried Rischar wirkte Zeit seines Lebens hauptsächlich in seiner Heimatstadt Aschaffenburg. Seine Kunstwerke bestückten seit Ende der 1960er Jahre zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, darunter auch ausführliche Werkschauen in Aschaffenburg.

„Siegfried Rischar war ein dem Leben und den Menschen existentiell Zugewandter.“

(Thomas Richter, Nachruf, 2009)

„Siegfried Rischar gehört zu jenen Künstlerpersönlichkeiten, die aufgrund einer intensiven Erlebnisfähigkeit und aus einer hochsensiblen Wahrnehmungsfähigkeit heraus Kunstwerke schaffen, deren Entstehung zumeist ein persönliches Erlebnis oder eine menschliche Begegnung, eine freudige oder auch schmerzliche Erfahrung zugrundeliegen. Im Kunstwerk werden diese Erfahrungen, die für Rischar vor allem auch Verstrickungen bedeuten, verarbeitet und zur großen malerischen oder zeichnerischen Geste sublimiert.“

(Brigitte Schad, Leiterin der Galerie der Stadt Aschaffenburg, Vorwort zu „Siegfried Rischar. Malerei, Zeichnung 1984 – 1994“, 1995)

Wirken in der NS-Zeit

Bei der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 war Siegfried Rischar acht Jahre alt. Nach dem Abschluss der Schule absolvierte er in den Jahre 1939 bis 1942 eine Lehre zum Gebrauchswerber in einem Aschaffenburger Kaufhaus (Lehrbeginn: 15. April 1939). Zeitgleich besuchte er die Berufsschule in Aschaffenburg.

Bereits im Alter von gerade 17 Jahren, noch während seiner Lehrzeit (August 1941), bewarb sich Siegfried Rischar als Freiwilliger bei der Kriegsmarine, wie er in einem Lebenslauf aus dem Jahr 1942 zu Protokoll gab.[1] Ein Jahr später trat er seinen Dienst bei der Marine an: „Ich wurde zum 1. Juli 1942 bei der 5. Kompanie der 10. Schiffstammabteilung eingestellt“, heißt es im genannten Lebenslauf weiter. Vereidigt wurde er laut der tradierten Informationen in seinem Führungsbuch am 8. August 1942, zum Untergefreiten ernannt im April 1943, ein Jahr später (wie allgemein üblich) zum Obergefreiten.[2] Für die Jahre 1943 – 1945 findet sich im Führungsbuch der Eintrag „Geleitdienste östliche Ostsee“; nähere Informationen dazu sind nicht vermerkt. In einer Beurteilung vom Mai 1944 heißt es:

„Aufgeweckter, ehrlicher Soldat mit guter, soldatischer Begabung und einwandfreier Dienstauffassung. Im Wesen noch etwas jungenhaft. Guter Kamerad. Strebsam und zielbewusst.“

Laut nicht verifizierter Informationen soll Siegfried Rischar während seiner Marinezeit die Zeichenschulen in Riga (Lettland) und Gotenhafen (Gdynia, Polen) als Gaststudent besucht haben. Auch habe er das Tagebuch seines Kapitäns geführt und um Zeichnungen bereichert.

Aus der Kriegsgefangenschaft kehrte Siegfried Rischar nach Aschaffenburg zurück, wo er als Gebrauchsgrafiker und Chefdekorateur eines Kaufhauses arbeitete (seine Studien am „Städel“ in Frankfurt am Main musste er aus wirtschaftlichen Gründen abbrechen), bevor er sich 1958 als freischaffender Künstler selbständig machte.

Es fanden sich keine Entnazifizierungsunterlagen tradiert. Möglicherweise fiel Siegfried Rischar unter die „Jugendamnestie“ (1946), wonach in der amerikanischen Besatzungszone möglichst keine Verfahren gegen Personen durchgeführt werden sollten, die 1918 und später geboren waren, um die Spruchkammern zu entlasten. Auf Mitgliedschaften in NS-Organisationen fanden sich keine Hinweise.

Quellen:

  • BArch, Abteilung PA
  • Führungsbuch, Matrose Ob.Gefr., Marine-Stammrollen-Nr. 41980/42.S

Literatur:

  • Kunsthalle Jesuitenkirche Aschaffenburg (Hrsg.): Siegfried Rischar – Im Spiegel der Zeit. Aschaffenburg 2004.
  • Marhenke, Dorit: Siegfried Rischar. Biographische Spuren, Zeichnung und Malerei. In: Jesuitenkirche – Galerie der Stadt Aschaffenburg (Hrsg.): Siegfried Rischar. Malerei, Zeichnung 1984 – 1994. Aschaffenburg 1995, S. 11 – 20.
  • Richter, Thomas: Nachruf auf Siegfried Rischar (1924 – 2009). In: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes 27 (2009), S. 369 – 372.
  • Tomczyk, Leonhard: Verstorbene Künstler aus Stadt und Landkreis Aschaffenburg (2020).

 

  • [1] Lebenslauf vom 02.08.1942, Marine-Stammrollen-Nr. 41980/42.S, BArch, Abteilung PA.
  • [2] Führungsbuch, Matrose Ob.Gefr., Marine-Stammrollen-Nr. 41980/42.S, BArch, Abteilung PA.

Kommentare

  1. Kann es sein, dass Siegfried Rischar 1939 – 1942 nicht etwa in eine „Lehre zum Gebrauchsweber“ in einem Aschaffenburger Kaufhaus gegangen ist, wie oben zu lesen steht, sondern in eine Lehre zum GebrauchsweRber, also zum Schaufenstergestalter?

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert