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Die Geschichte des Hotels „Georgi“ von 1855 bis 1968

Mit der Eröffnung des Aschaffenburger Bahnhofs am 1. Oktober 1854 wurde Aschaffenburg an das Eisenbahn-Fernverkehrsnetz angeschlossen. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Eisenbahn das modernste und fortschrittlichste Verkehrsmittel. Durch die Verkürzung der Reisezeiten wurde es jetzt auch für Geschäftsreisende und Privatleute immer attraktiver, andere Städte zu besuchen – bald kamen die ersten Eisenbahn-Touristen in die Städte und Geschäftsreisen nahmen zu. In der Umgebung des Bahnhofs siedelten sich auch vermehrt Gasthöfe und Hotels an, die den Bahnreisenden eine Unterkunft boten.

Die erste Wirtschaft, ein Wohn- und Gasthaus, eröffnete 1855 der Gastwirt Carl Oberle (1812-1897)[1] an der Ecke Kleberstraße / Ludwigstraße (Hausnummer D 213, Ludwigstraße 7, ab 1911: – 1). Es wurde 1874 von Franz Georgi (1832-1892)[2] aus Viernheim mit einigen Anbauten versehen und zum „Hotel Georgi“ erweitert.[3] Den Namen „Georgi“ sollte es bis zum Schluss 1944 behalten.

Am 12. Mai 1891 übernahm es Georg König (1845 -1892)[4], der ab dem 18. August 1877 schon die Schönbusch-Wirtschaft und ab dem 1. Oktober 1882 die Casino-Wirtschaft betrieben hatte.[5]

Nachdem Georg König am 12. Oktober 1892 mit nur 48 Jahren an einer Lungenentzündung verstorben war, veräußerte die Witwe Aurelia, geb. Burek,[6] das Anwesen am 1. Dezember 1892[7] an Valentin Kress (1855-1897)[8] aus Pfaffenhausen (Bezirksamt Hammelburg), der zuvor schon verschiedene Wirtschaften in Aschaffenburg betrieben hatte. Nach dem Tod von Valentin Kress am 9. November 1897 setzte seine Witwe Priska Kress (1857-1944)[9] den Hotelbetrieb über Jahrzehnte fort.

Nachdem sich Priska Kress zur Ruhe setzte, übernahm am 1. April 1935[10] ihr Sohn Ludwig Kress (1879-1950),[11] der schon lange dort gearbeitet hatte, das Hotel. Am 1. September 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Die einst sehr vorteilhafte Nähe zum Bahnhof wurde dem Hotel zum Verhängnis, denn ein Hauptziel der alliierten Luftangriffe war der Aschaffenburger Hauptbahnhof. Das direkt gegenüberliegende Hotel „Georgi“ wurde am 5. November 1944 von einer Luftmine getroffen, die das Gebäude total zerstörte.[12]

In der Folgezeit ernährte sich die Familie von Ersparnissen und verkaufte das Mobiliar oder Hotelsilber, das aus dem Hotel gerettet wurde. Therese Kress (1896-1989),[13] die Ehefrau von Ludwig, kannte sich gut mit Tauschgeschäften aus, sie konnte gut „fuggern“, was in der Nachkriegszeit von großem Vorteil war.[14]

Ludwig Kress eröffnete an dieser Stelle eine von Zimmermeister Alois Holzschuh gefertigte Trinkhalle und Imbissstube. Der Polizei- und Verwaltungssenat genehmigte die Trinkhalle am 15. September 1949. Nach dem Tod ihres Ehemannes am 1. August 1950 übernahm seine Witwe Therese Kress die Trinkhalle als Wirtin, unterstützt wurde sie von ihrer Tochter Rita. Sie betrieb es bis zum 27. Januar 1968, als sie 71 Jahre alt war und aus Altersgründen aufhörte.[15]

Am 31. Januar 1968 wurde die Trinkhalle abgerissen.[16] Im Laufe des Jahres 1968 wurde ein neues Wohn- und Geschäftshaus errichtet,[17] in dessen Erdgeschoss heute (2023) die Kleinlokale / Imbisse „Al Sultan – arabische Spezialitäten“ und „Bosporos Döner“ anzutreffen sind.

Für die Mitarbeit an diesem Beitrag bedanke ich mich herzlich bei Alexander Karpf, Enkel von Ludwig und Therese Kress.

Bildquellen:

Bild 1:          Franz Georgi (1832-1890), um 1890, aus SSAA, PGS 200

Bild 2:          Hotel Georgi um 1900, aus SSAA, PGS 200

Bild 3:          Ludwig Kress (1879-1950), um 1940, aus SSAA, PGS 200

Bild 4:          Trinkhalle Ludwigstraße 1 um 1950, aus SSAA, PGS 200

Bild 5:          Therese Kress (1896-1989), um 1960, aus SSAA, PGS 200

Bild 6:          Ludwigstraße 1 am 24. August 2023, Foto: Matthias Klotz

[1] Geboren am 12. Januar 1812 in Aschaffenburg, verstorben am 24. November 1897 in Würzburg, in: SSAA, RegH 22, Eintrag O 35.

[2] Geboren am 29. Juli 1832 in Viernheim (Mitteilung des Stadtarchivs Viernheim vom 15. Juni 2021), verstorben am 19. Juli 1892 in Aschaffenburg, in: SSAA, RegP, 112, Nr. 167/1892.

[3] SSAA, HA, 786, und Peter Körner, Das Aschaffenburger Bahnhofsquartier, Aschaffenburg 2013, S. 151.

[4] Geboren am 14. März 1845, in: SSAA, SBZ I, 2341, Aufenthalts-Anzeige Georg König. Verstorben am 12. Oktober 1892 in Aschaffenburg, in: SSAA, RegP 112, Nr. 210/1892. Georg Königs Wohnhaus befand sich in der Sandgasse 34.

[5] SSAA, GewR 1, Einträge vom 18. August 1877 und 31. Oktober 1882.

[6] Ihr Name geht hervor aus: SSAA, RegP 112, Nr. 210/1892.

[7] SSAA, GewR 1, Eintrag vom 1. Dezember 1892.

[8] Geboren am 29. Juli 1855 in Pfaffenhausen (Bezirksamt Hammelburg), verstorben am 9. November 1897 in Aschaffenburg, in: SSAA, RegH 4, Nr. C/K 456.

[9] Geboren am 13. November 1857 in Sailauf, in: SSAA, RegH 4, Nr. C/K 456, verstorben am 5. April 1944 in Aschaffenburg, siehe SSAA, Einwohnermeldekartei, Meldekarte Valentin Kress.

[10] SSAA, Gewerbekartei Serie 2, Karte Ludwig Kress.

[11] Geboren am 23. Februar 1879 in Sailauf, verstorben am 1. August 1950 in Aschaffenburg, in: SSAA, PGS 200.

[12] Alois Stadtmüller, Aschaffenburg nach dem Zweiten Weltkrieg, Aschaffenburg 1973, S. 380.

[13] Geboren am 21. November 1896 in Aschaffenburg, verstorben am 26. Mai 1989 in Aschaffenburg (SSAA, RegP 369).

[14] Informationen von Enkel Alexander Karpf, 23. August 2023.

[15] SSAA, Gewerbekartei Serie 2, Karte Therese Kress.

[16] SSAA, HA 787.

[17] Bauordnungsamt der Stadt Aschaffenburg, Bauakten Ludwigstraße 1, Band I u. II.

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