Der in der Unterstadt gelegene, winklige Straßenzug „Am Heißen Stein“ bildet eine Verbindung zwischen der heutigen Löherstraße und der Wermbacher Straße. Die Herkunft seiner Bezeichnung ist nicht zweifelsfrei geklärt; es gibt bis heute mehrere Deutungen. Zum einen besteht die Auffassung, der Name käme von dem Haus „Zum heißen Stein“, wobei unklar ist ob damit der ehem. Stadthof des Klosters Schmerlenbach (Nr. 3) oder das ehem. Gasthaus (Nr. 4) gemeint war. Zum anderen ist bekannt, dass es an dieser Stelle im 14. Jh. Badehäuser und Bauernhöfe gab. Die Badestuben wurden 1423 abgebrochen, um die Stadt besser verteidigen zu können. 1569 wird erneut eine Badstube genannt, sodass sich möglicherweise der Begriff „Heißer Stein“ vom Betrieb der Badstuben ableitet, da man zum Erwärmen des Wassers heiße Steine benutzte. Einer dritten Deutung nach erhielt diese kleine Straße ihre Bezeichnung von den Häfnern, die hier ihrem Handwerk nachgingen. Außerdem gibt es die Sage, dass der Besitzer des hier einst gelegenen Gutes Veit von Helmenroth von Findberg Bauern auf einem heißen Stein niederknien ließ, wenn sie nicht rechtzeitig ihre Abgaben zahlten.
Am Heißen Stein 3 – Ehemaliger Stadthof des Benediktinerinnenklosters Schmerlenbach
Bei dem zweiflügeligen Gebäude mit einem großen zweigeschossigen Haupthaus und seitlichem Nebenbau mit Tordurchfahrt zum Hof handelt es sich um den erhaltenen Teil des ursprünglich größeren Stadthofes des Benediktinerinnenklosters Schmerlenbach. Die ehemals dazugehörigen Nebengebäude bestehen nicht mehr. Das weitgehend massiv errichtete Gebäude ist eines der wenigen vor dem Dreißigjährigen Krieg errichteten Anwesen, das die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges ohne starke Beschädigungen überdauert hat. Nach Befunduntersuchungen aus dem Jahr 2009 erlebte das Gebäude im Wesentlichen vier Bauphasen. Über dem Portal zum Hof findet sich die Bezeichnung „1609“, die sich wohl auf die Errichtung der Umfassungsmauern bezieht. Im 1. Obergeschoss ist ein Kamin erhalten, an dem die Jahreszahl „1623“ eingemeißelt ist. Diese deckt sich mit den dendrochronologisch ermittelten Daten für die Balken im 1. Obergeschoss, sodass das Jahr 1623 als die Hauptbauphase angesehen wird. Dafür sprechen auch die Fenstergewände an der Fassade, die fast alle die für die Renaissance übliche Profilierung mit Kehle und Schnecke am Ansatz aufweisen. Die Fenster sind z.T. zweifach und dreifach gekuppelt. Der hofseitige Hauseingang mit geohrtem Gewände aus Rotsandstein wurde, wie auch einige Räume, in einer dritten Bauphase im 18. Jh. barockisiert. In der 2. Hälfte des 20. Jh. wurden fast alle Oberflächen erneuert. Unter dem Gebäude befindet sich ein Gewölbekeller, der die gesamte Grundfläche des Hauses einnimmt. Er ist über einen separaten Zugang vom Hof aus erschlossen. Der Seitenflügel mit dem Tor zum Hof zeigt rückwärtig Fachwerk, welches in die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg zu datieren ist. Das Anwesen war zwischen 1345 und 1803 im Besitz der benediktinischen Klosterfrauen. Nach der Säkularisation 1806 wurde der Hof von der fürstprimatischen Rezeptur Schmerlenbach und ab 1809 vom Seminarfonds verwaltet. Bereits vor 1803 wurden Teile des Hofes an private Personen verpachtet. Ab 1812 war der Tünchermeister Johann Georg Hirsch Eigentümer des Anwesens. Nach ihm erwarb Franz Ignaz Geiger das Objekt; er war Schiffer. 1860 kaufte es dessen Schwiegersohn, Tünchermeister Johann Adam Hock, der neben dem Kaufpreis eine erhebliche Summe zur Instandsetzung des Hauses aufwenden musste. 1893 wurde ein Atelierbau für den Sohn, Kunstmaler Adalbert Hock, am südwestlichen Ende des Seitenflügels errichtet. 1957 wurde ein Teil des Grundstücks abgetrennt. Ein weiterer Teil (heute Nr. 5) wurde 1969 abgetrennt. 1965 wurde das Anwesen renoviert. Nach Alois Grimm ist in der Bauanlage, aber vor allem in den Einzelformen der Einfluss aus dem Neubau der Jesuitenkirche in der Pfaffengasse und den Kolleggebäuden erkennbar, weshalb er den gleichen Baumeister annimmt. Wegen der zahlreichen Überformungen aus der Zeit des späten 19. Jh. und der Mitte bis 2. Hälfte des 20. Jh. ist im Innern wenig historische Ausstattung erhalten. Bemerkenswert ist die erhaltene bauzeitliche Konstruktion vom Keller bis zum Dachwerk.
Am Heißen Stein 4 – Gasthof „Zum heißen Stein“
Das wohl zwischen 1573 und 1614 errichtete Anwesen besteht aus einem giebelständigen, dreigeschossigen Fachwerkhaus mit steilem Satteldach und einem südlich anschließenden zweigeschossigen Flügel mit einer Toreinfahrt. Das rundbogige Tor im Stil der Renaissance mit Diamantquaderung trägt im Scheitel eine Kartusche mit einer männlichen Halbfigur in Ritterrüstung sowie die Initialen „H“ und „R“, von denen angenommen wird, dass sie für den Namen „Hans Ritter“ stehen. Das Obergeschoss des Seitenflügels war ursprünglich aus Fachwerk, wurde jedoch beim Wiederaufbau 1952 als Massivbau mit vier Fenstern und Dachgauben ausgeführt. Das Wohnhaus wurde auf einem massiven Erdgeschoss errichtet, welches im 19. Jh. verändert wurde. Das Erdgeschoss hat heute vier gleichmäßige Fenster mit Sandsteingewänden. Rechts befindet sich ein rundbogiger Kellereingang. Die Gebäudekanten sind mit einer Eckquaderung aus rotem Sandstein hervorgehoben. Links ist eine geschwungene Steinkonsole. Die Fachwerkobergeschosse kragen vor und sind mit Mannfiguren und genasten Andreaskreuzen gestaltet. Aufgrund der Fachwerkkonstruktion und einer dendrochronologischen Untersuchung, die das Fälldatum 1573 zum Ergebnis hatte, wird die Errichtung des Wohnhauses in den 80er Jahren des 16. Jh. angenommen. 1945 beschädigten Luftdruck und Artillerie das Wohnhaus sowie die Scheune und das Nebengebäude mit Toreinfahrt. Die Kriegsschäden am Wohnhaus konnten 1949 beseitigt werden. Die Gaststube und die Küche wurden umgebaut. 1952 wurde der baufällige Seitenflügel abgerissen und neu wieder aufgebaut. Die rundbogige Toreinfahrt wurde rekonstruiert.
Quelle:
Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 10-11.
Noch eine mögliche Erklärung:
Vielleicht war mit „Heißer Stein“, ähnlich wie bei der Weinlage „Heißer Stein“ im Weinort Buchbrunn, einfach nur die kleine Weinlage bezeichnet, die es dort südlich der Stadtmauer gab (heute auf dem Gelände des Parkhauses Löhergraben).