Vielen Personen ist der Heimatdichter Ludwig Thoma noch in Erinnerung, der sich durch seine „Lausbubengeschichten“ oder mit seiner Erzählung „Der Münchner im Himmel“ einen festen Platz in der bayerischen Literaturgeschichte gesichert hat. Er wurde 1867 in Oberammergau geboren und verstarb 1921 in Rottach-Egern.
Was viele nicht wissen: Ludwig Thoma studierte 1886/87 zwei Semester in Aschaffenburg an der Forsthochschule in der Alexandrastraße.
Seine Kindheit verbrachte er im Forsthaus Vorderriß an der Isar (heute Gemeinde Lenggries, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen), Forstenried bei München, Landstuhl in der Pfalz, Neuburg an der Donau, Burghausen, München, Traunstein. Der Grund für die häufig wechselnden Wohnorte war der Tod seines Vaters, als Ludwig Thoma erst sieben Jahre alt war. Die Mutter musste die Familie mit sieben Kindern alleine durchbringen und Ludwig Thoma wohnte zeitweise bei Verwandten.
An der Aschaffenburger Forsthochschule studierte er im Wintersemester 1886/87 Forstwissenschaft und schloss sich dem Corps Hubertia an. Ein Mitstudent, der spätere Regierungsdirektor Ignaz Holzwarth, schreibt über ihn:
Am Abend des 30. September 1886 nahm ich am Bahnhof in Aschaffenburg den Abiturienten Ludwig THOMA in Empfang, der von zwei Schwestern begleitet zum erstenmal Altbayern verlassen hatte, um seine forstlichen Studien aufzunehmen. Sein Vormund, Freiherr von Raesfeldt, Mitglied der Isaria-München und Ehrenmitglied der Hubertia-Aschaffenburg (Forstreferent an der Regierung in Augsburg) hatte ihn unserem Corps empfohlen. THOMA gewöhnte sich rasch an das Studentenleben, ausnahmlich des Kollegienbesuchs. Für die Fechtkunst zeigte er keine Begabung, nicht als ob ihm die Freude daran oder der persönliche Mut gemangelt hätte; wohl aber fehlte ihm die Geschmeidigkeit der Bewegungen, sodaß sein Fechten an Holzarbeit erinnerte. Darum gelang es ihm auch erst nach vier Partien das Corpsband zu erwerben. Dem forstlichen Studium konnte THOMA keinen Geschmack abgewinnen, er unterzog sich auch nicht der Zwischenprüfung nach zwei Semestern, sondern teilte mir am Ende der Herbstferien 1887 seinen Entschluß mit, wegen Wechsels des Studiums die Universität München zu beziehen. Er nahm von Aschaffenburg und der Hubertia Abschied. Das Corps sah sich aus erzieherischen Gründen und solchen der Selbsterhaltung gezwungen, die nach zwei Semestern ohne Examen ausscheidenden Corpsburschen ohne Band zu entlassen, auch bei Thoma konnte keine Ausnahme eintreten.
Thoma bewahrte seinen Aschaffenburger Freunden eine gewisse Anhänglichkeit. Dies kam zum Ausdruck in seinem ersten dramatischen Werk „Witwen“, das im Jahre 1901 bei Albert Langen in München erschien. In dem Helden des Stücks, dem Rechtsanwalt Hans STEIN, zeichnete THOMA sich selber, seinen Freund und Leibburschen benannte er Fritz Holtzwart, ohne daß er vorher seine Zustimmung eingeholt hätte. Den Vornamen entlehnte er von seinem Wirklichen Leibburschen Fritz MANTEL.
Von Thomas Übersiedlung nach München Mitte der neunziger Jahre bis zu meinem Weggang aus Oberbayern standen wir in regem persönlichen Verkehr. …. Ein Forstmann & ein Huberte (als Vollmitglied oder als Philister) wurde er nie. Trotzdem übermittelte er noch im Jahre 1904 in einem Briefe der Hubertia freundliche Grüße (Mantel, Chronik 48f). Soweit der Auszug aus dem Beitrag von Bernhard Gajek, der im Jahrbuch 2022 der „Freunde der Monacensia e.V. München“ veröffentlicht wurde.
Die Forsthochschule befand sich in der Alexandrastraße. Das damalige Foto zeigt die Forsthochschule vor 1889. Sie bestand bis 1910 in Aschaffenburg, ehe sie nach München abgezogen wurde. Auf dem aktuellen Foto ist der Zustand im Mai 2023 zu sehen.
Im Herbst 1887 wechselte Ludwig Thoma an die Ludwig-Maximilians-Universität München und immatrikulierte sich in Rechtswissenschaft. Das Studium setzte er in Erlangen fort. Danach war er ab 1890 Rechtspraktikant in Traunstein. Ende 1892 trat er in den Dienst des Münchener Magistrats und arbeitete ab Februar 1893 als Konzipient (Schreiber von Briefen oder sonstigen Konzepten) in der Rechtsanwaltskanzlei Loewenfeld & Bernstein in München.
1893 erschien erstmals ein Gedicht von Ludwig Thoma in den „Fliegenden Blättern“, 1895 eröffnete er eine Rechtsanwaltskanzlei in Dachau, die er 1899 wieder verkaufte, denn er wurde mit seinen Kurzgeschichten, Theaterstücken und später auch mit Romanen immer erfolgreicher. Er bekam eine Stelle als fester Redakteur der satirischen Zeitschrift „Simplicissimus“. Spätestens 1903 war er seine Geldsorgen los. 1908 konnte er das Haus „Auf der Tuften“ am Tegernsee beziehen. Am 6. August 1921 starb Ludwig Thoma an Magenkrebs.
Auch im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg sind Briefe von Ludwig Thoma vorhanden: Im Nachlass 27 (Johann Schober) befinden sich neun Briefe von Ludwig Thoma an den Berliner Arzt Dr. Aloys Lautenschläger, 1917 – 1921; ein Brief von Ludwig Thoma an Lujo Brentano von 1913 befindet sich im Familienarchiv Brentano (NL 1, 33). Die Briefe an Dr. Lautenschläger wurden jetzt ediert und von Bernhard Gajek im oben genannten Jahrbuch veröffentlicht.
Werke von Ludwig Thoma (Auswahl):
Lausbubengeschichten (Kurzgeschichten, 1905)
Der Münchner im Himmel (Erzählung, 1911)
Der Ruepp (Roman, 1921)
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Thoma
Bernhard Gajek: Neue Dokumente zu Ludwig Thoma, Theodor Loewenfeld, Helene und Ignatius Taschner, Aloys Maria Lautenschläger und Maidi von Liebermann, in: Freunde der Monacensia e.V.: Jahrbuch 2022, S. 149-190
Abbildung Ludwig Thoma:
Von Creator: Karl Klimsch – bar:http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_IV/Germanistik/gajek/thoma2.JPG Uni Regensburg – Homepage der Vorlesung vom WS 2006/07 über Ludwig ThomaÜbertragen aus bar.wikipedia nach Commons., 2007-10-21 (original upload date), Original uploader was El bes at bar.wikipedia, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3646911
Foto Forsthochschule vor 1889: Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Fotosammlung, Sammlung Joseph Samhaber
Foto Alexandrastraße: Matthias Klotz, 11. Mai 2023
Zu den weniger bekannten „Werken“ Ludwig Thomas gehören seine antisemitischen Artikel im Miesbacher Anzeiger (1920–1921).
Siehe zum Beispiel: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Miesbacher_Anzeiger