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Webergasse

Von der Kleinen Metzgergasse aus zum Schloßplatz führend, verläuft die Webergasse parallel zur Schloßgasse, für die sie wohl Andienungsweg war. Beide Straßen umschließen ein ehem. Quartier von Textilhandwerkern, weshalb die Schloßgasse bis zum Bau des Schlosses im 16. Jh. „Große Webergasse“ hieß. Wann die heutige Webergasse ihren Namen erhielt, ist nicht bekannt, jedoch sind Bezeichnungen wie „niedere Webergasse“ oder „untere Webergasse“ sowie „kleine Webergasse“ bereits aus dem 14. Jh. überliefert.

Webergasse 1

Die beiden Gebäude des im 16. Jh. wohl von einer Adelsfamilie errichteten und später als Sitz verschiedener kurfürstlicher Amtsstellen genutzten ehem. Adelshofes, heute Marienstift, wurden in der Mitte des 17. Jh. errichtet. Die zwei parallel zueinanderstehenden und miteinander durch einen Zwischenbau verbundenen Einzelbauten sind zweigeschossig mit Satteldach und verputztem Fachwerkobergeschoss. Sie wurden dendrochronologischen Untersuchungen zufolge um 1647 (Flügel an der Webergasse) und um 1667 (mainseitiger Flügel) errichtet. Der Flügel an der Mainseite steht mit der westlichen Traufseite auf der Stadtmauer der ersten Stadterweiterung. Daher befindet sich auf dieser Seite ein runder, zur Hälfte aus der Fassade heraustretender Turm mit Haube. Die Außenwände dieses Gebäudes sind aus regelmäßigen Bruchsteinen errichtet, die Ecken durch Sandsteinquader hervorgehoben. Das nördliche Giebeldreieck ist aus Fachwerk und verschiefert, der Südgiebel ist nicht original erhalten. Im 18. Jh. von den Freiherren von Gudenus erworben (erhaltenes Sandsteinwappen), war zwischen 1818 und 1844 Dr. Jodokus W. Reuß Eigentümer des Anwesens und nahm diverse bauliche Änderungen vor. Unter anderem ließ er eine Holztreppe mit gusseisernem Geländer in dem Flügel entlang der Webergasse einbauen. In dieser Zeit wurde auch der bereits im 18. Jh. entstandene Verbindungsbau zwischen den beiden Einzelgebäuden vergrößert. Dazu hat man die südlichen Giebel der beiden Gebäude abgewalmt und das Dach des gleich hohen Zwischenbaus so angeglichen, dass eine durchgehende Traufe entstand. Der Zwischenbau mit einem flachen Giebel auf der Nordseite wurde im Krieg zerstört und ist heute von einem Neubau ersetzt. 1855/56 wurde im Anwesen ein bestehendes Nebengebäude erneuert und die Gartenmauer erhöht sowie ein neues Gartenhaus errichtet. Ab 1915 wurde das Anwesen als Altersheim „Marienstift“ genutzt. Im Zweiten Weltkrieg entstanden starke Schäden an allen zum Anwesen gehörenden Gebäuden. 1948/49 wurden die Stützmauern am Mainufer rekonstruiert. Im gleichen Jahr erfolgte die zweigeschossige Überbauung der Einfahrt mit einem Erweiterungsbau an der Seite des Grundstücks Kleine Metzgergasse 5. An die nördliche Giebelseite des Flügels an der Webergasse wurde 1962 eine eingeschossige Hauskapelle als Ersatz für eine zuvor abgerissene Kapelle angebaut. Zwischen 1997 und 2000 fand eine durchgreifende Sanierungsmaßnahme statt, bei der die historischen Gebäude letztendlich bis auf die Keller und einige wenige Bauteilreste erneuert wurden.

Webergasse 3

Wie eine am Gebäude befindliche Inschrift und ein Wappenstein dokumentieren, wurde das durch seine großen Renaissancegiebel auffallende Gebäude 1592 unter Kurfürst Wolfgang von Dalberg (1582–1601) errichtet. Bereits 1606 wurde es als kurfürstliche Schneiderei bezeichnet. Da der mainseitige Flügel auf Stichen des 16. und frühen 17. Jh. (Matthäus Merian und Georg Ridinger) nicht dargestellt ist, wurde er wohl frühestens in der Mitte des 17. Jh. ergänzt. Bei Umbauten, die Ende des 18. Jh. in dem Gebäude vorgenommen wurden, ersetzte man eine Wendeltreppe durch eine gerade Treppe mit vertäfelten Brüstungen, im Erdgeschoss wurde ein großer Raum eingerichtet und im Obergeschoss die Raumaufteilung geändert. 1817 verlegte man die Postverwaltung in das Anwesen, bevor es 1854 vom Forstamt übernommen wurde. 1903/04 kam es zur Vergrößerung des Anbaus worüber eine Inschrift über dem Eingang des Nebengebäudes Auskunft gibt. Mit Ausnahme einer Treppe mit neubarocken Brettbalustergeländern ist keine historische Ausstattung überkommen. Das giebelständige Hauptgebäude wurde als zweigeschossiger Massivbau errichtet, es hat sowohl zur Webergasse als auch zum Main einen großen Renaissancegiebel. Die gleichmäßig auf der Fassade verteilten Fenster sind gekuppelt und mit einer profilierten Sandsteinrahmung versehen. Die Gebäudekanten sind durch eine Eckquaderung hervorgehoben. Auf der zum Hof gerichteten Traufseite befindet sich ein Portal, darüber ist in der Fassade ein Sandsteinrelief mit dem Wappen von Wolfgang von Dalberg eingelassen. Unter dem Hauptgebäude liegt ein Keller mit Kreuzgratgewölbe, das von drei Mittelstützen getragen wird. Anfang des 20. Jh. wurde an der Nordfassade ein zweigeschossiger Flügel angefügt. 1944/45 entstanden durch Luftdruck und Artillerie Schäden an der Dachkonstruktion, den Decken und Zwischenwänden sowie den Fenstern und Türen.

Webergasse 4

Das 1803 nach Plänen von Wolfgang Streiter errichtete Bürgerhaus gehört zu den Objekten, die zwischen 1802 und 1812, als Aschaffenburg ständiger Regierungssitz der Mainzer Kurfürsten war, für und von höheren Mainzer Beamten gebaut worden sind. Das zweieinhalbgeschossige Gebäude wurde, wie für Bauten dieser Zeit charakteristisch, traufständig an der Webergasse errichtet. Es schließt mit einem Satteldach ab. Von den fünf Fensterachsen der Hauptfassade tritt die mittlere leicht hervor, ebenso die äußeren Kanten, welche als erhabene Lisenen gestaltet sind. Im Erdgeschoss befindet sich das über drei Stufen einer Freitreppe erreichbare Eingangsportal; es ist mit einem profilierten geraden Sturz gerahmt. Alle Fenster sind mit einer glatten Rahmung aus Rotsandstein versehen. Im 1. Obergeschoss reichen sie recht tief, hier fehlen die ursprünglichen Brüstungsgitter. Das 2. Obergeschoss ist als Halbgeschoss ausgebildet, die Fenster sind entsprechend niedrig und querformatig. Im Zweiten Weltkrieg erfuhr das Gebäude durch Luftdruck und Artillerie Schäden an Dach, Decken, Zwischenwänden, Fenstern und Türen. Bis 1957 wurde es durch Erneuerung der Fenster und Türen sowie durch Neuverputz der Fassade wieder instand gesetzt. Die Fassadengestaltung mit aufgemaltem ornamentalem Schmuck im Stil des Klassizismus ist eine von Restaurator Christian Giegerich 1979 vorgenommene Zutat.

Webergasse 5

Dem Wunsch Carl Theodor von Dalbergs, dem neu gestalteten Platz vor dem Schloss einen würdigen Abschluss zu geben, entsprach Emanuel Joseph von Herigoyen mit dem Entwurf einer offenen Säulenhalle an der Webergasse. Verschiedene erhaltene Pläne zeigen, dass bereits Kurfürst Friedrich Carl Joseph von Erthal konkrete Vorstellungen von einem solchen Bau in der Art einer Kunsthalle für Ausstellungen und Feste hatte. Das 1805 ausgeführte Gebäude ist eine eingeschossige offene Halle mit von acht toskanischen Säulen getragenem geradem Sturz und einachsigen Eckrisaliten. Ursprünglich besaß der mainseitige Eckrisalit eine Altane, von der aus man auf den Main blicken konnte. Eine profilierte Attika schließt die Fassade ab. Das gesamte Gebäude wurde in rotem Mainsandstein aufgeführt. Da auf diesem Teil des Schloßplatzes ehemals ein Getreidemarkt für Bäcker und Müller abgehalten wurde, welche das Gebäude bei schlechtem Wetter als Unterstand nutzten, erhielt es den heute noch bekannten Beinamen „Kornhäuschen“. Im Krieg schwer beschädigt, wurde das Gebäude unter Verwendung der alten Bauteile 1988/89 wieder hergestellt. Seitdem sind die ehemals offenen Eckrisalite als geschlossene Räume gestaltet. Sie werden gelegentlich zu Ausstellungszwecken genutzt.

Webergasse 6

Das Anwesen wurde seit Beginn des 18. Jh. als Pfarrhaus genutzt. Von einer älteren Bebauung zeugt ein Scheitelstein mit der Jahreszahl „1625“, der an einem rundbogigen Kellereingang gefunden wurde. Außerdem ist am Schlussstein der Hofeinfahrt die Jahreszahl „1691“ zu finden. Viel mehr ist zur Baugeschichte des historischen Pfarrhauses nicht bekannt. Es wurde im Krieg durch Bomben und Artillerie schwer getroffen und zunächst nur notdürftig hergerichtet, um Unterkünfte für Bombengeschädigte einzurichten. Nach unzureichendem Bauunterhalt nach dem Krieg wurde 1953 durch das Bauamt ein schlechter Bauzustand festgestellt: Das undichte Dach hatte Schäden im Dachwerk und in den Geschossen verursacht, Risse hatten sich am ganzen Gebäude gebildet, die Kamine entsprachen nicht den Anforderungen und die Sanitäreinrichtungen waren mangelhaft. So erfolgte im Frühjahr 1956 der Abbruch des alten Gebäudes. Auf den Gewölbekellern wurde ein Neubau in der Kubatur des barocken Pfarrhauses unter Verwendung einzelner erhaltener Bauteile des 18. Jh., wie Gewände, Schlusssteine und vor allem eiserne Fenstergitter, errichtet.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 186-188.

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