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Pfarrgasse

Die seit 1843 als Pfarrgasse bezeichnete kurze Straße zwischen Schloss- und Webergasse ist die direkte Verbindung zwischen der Muttergottespfarrkirche und dem seit etwa 1706 benutzten neuen Pfarrhof in der Webergasse. Von dieser Funktion lässt sich ihr Name ableiten. Zuvor war sie Andienungsweg zu den an der westlichen Stadtmauer gelegenen Anwesen, was bis heute erkennbar geblieben ist. Hier befindet sich die älteste in Aschaffenburg erhaltene Bausubstanz. 1815 wird eine Pfarrgasse genannt und noch 1832 wurden Gebäude der Pfarrgasse als in der Schloßgasse „hinter der Pfarr“ gelegen bezeichnet.

Pfarrgasse 1

Bei dem dreigeschossigen Wohnhaus handelt es sich wohl um ein ehem. Anwesen eines stiftischen Beamten. Im Zweiten Weltkrieg wurden bei mehreren Angriffen Dach, Wände, Fenster, Türen und das Rückgebäude beschädigt. Nach der Wiederinstandsetzung wurde 1953 an der Grundstücksgrenze zu den Häusern Webergasse 4 und Metzgergasse 13 das Rückgebäude errichtet. 1963 erfolgte der Einbau von sanitären Anlagen an der Gebäuderückseite. Das Haus steht traufständig zur Pfarrgasse und erhebt sich mit einem massiven Erdgeschoss und zwei verputzten, vorkragenden Fachwerkobergeschossen über fast quadratischem Grundriss. Unter dem Anwesen befindet sich eine zweiräumige Kelleranlage. Der Hauptkeller unter dem Wohnhaus wurde wahrscheinlich mit dem Gebäude, vermutlich Anfang des 18. Jh., errichtet. Er war ursprünglich von der Straße aus zugänglich und ist von senkrecht zueinanderstehenden Gewölbetonnen überspannt. Unter dem Hof liegt ein zweiter, heute verfüllter, älterer Keller, der einer Vorgängerbebauung zugeordnet wird. Dieser ist über einen schmalen, verwinkelten Gang mit dem Gewölbekeller verbunden. Die Fassade des Hauses hat zwei Fensterachsen mit je einem gekuppelten Fenster. Im 1. Obergeschoss gibt es zwischen den Fenstern eine geschnitzte Hausmadonna unter einem halbrunden Baldachin und davor einen schmiedeeisernen Ausleger mit einer Laterne. Der Zugang zum Gebäude erfolgt über den Hof, der Eingang befindet sich auf der westlichen Giebelseite.

Pfarrgasse 4

Das schmale, zweigeschossige Mansarddachhaus am Eingang der Pfarrgasse war wohl das zur Muttergottespfarrkirche gehörige Glöcknerhaus. Aus einer Urkunde von 1506 geht hervor, dass „Ludwig der Glöckner“ bauliche Differenzen mit seiner Nachbarin, der Besitzerin des Hauses „Zum Roten Hahn“ (Schloßgasse 15), hatte. 1825 wurde Philipp Schmelz, der möglicherweise Schiffer war, der Bau eines kleinen Gebäudes gestattet. Das Anwesen blieb seitdem bis 1964 im Besitz der Familie Schmelz. 1944/45 entstanden durch Bomben, Artillerie und Explosionsdruck Schäden am Dach und Kamin des Hauses. Fenster und Türen sowie Zwischenwände wurden schwer beschädigt. Das Haus wurde 1949 instand gesetzt und neue Abortanlagen an der Seite zu Haus Schloßgasse 15 angebaut. Das Wohnhaus steht traufständig zur Pfarrgasse. Über dem massiven Erdgeschoss sitzt ein verputztes, vorkragendes Fachwerkobergeschoss. Es schließt mit einem Mansarddach ab. In der Mansarde sind vier Gauben, eine davon wurde erst in jüngerer Vergangenheit ergänzt. Von den drei Fassadenachsen ist die rechte, dem Verlauf des Grundstücks folgend, leicht abgeknickt. Unregelmäßigkeiten im Mauerwerk lassen den Schluss zu, dass dieser Hausteil später angefügt wurde und möglicherweise zunächst zu Haus Nr. 2 gehörte. In diesem abgeknickten Fassadenteil befindet sich der Hauseingang mit einem Oberlicht. Die Fenster sind alle gekuppelt, die des Erdgeschosses sind steingerahmt, gekehlt und mit einem Ladenfalz versehen. Das Gebäude ist unterkellert. Der Bau ist wohl im 16. Jh. entstanden. Das Erscheinungsbild der Straßenfassade und das Mansarddach lassen auf eine Umgestaltung um 1700 schließen.

Pfarrgasse 8

Das Wohnhaus, ein breiter, zweigeschossiger Satteldachbau, steht traufständig zur Pfarrgasse. Das verputzte Fachwerkobergeschoss mit sieben Fenstern kragt über dem massiven Erdgeschoss mit sechs Fenstern vor. Ursprünglich war das gesamte Erdgeschoss in Fachwerk ausgeführt. Es wurde auf der Straßenseite mit der Errichtung des prächtigen Renaissanceportals 1591 massiv erneuert. Das aus rotem Mainsandstein gefertigte Portal umfasst eine breite, rundbogige Toreinfahrt mit Radabweisern und eine ehemals ebenfalls rundbogige Fußgängerpforte, die später begradigt wurde. Darüber liegen zwei stichbogige Oberlichter mit Vergitterung. Zwischen dem Sturz der Fußgängerpforte und den beiden Oberlichtern befindet sich eine Inschrift, aus der hervorgeht, dass Vincenz Mayer dieses Portal für seine Ehefrau Barbara errichtet hat. Die gesamte Anlage ist mit einer reichen Diamantquaderung und der Bogen mit einem Eierstabfries dekoriert. Im Erdgeschoss des Hauses hat sich eine achteckige, heute eingebaute Stütze aus Eichenholz mit Kopfstreben und Ausnehmungen für Sattelhölzer erhalten, die Indiz dafür ist, dass sich hier ursprünglich eine hohe, offene Halle befunden hat. Bei Sanierungsarbeiten 2008 wurden an der inneren nördlichen Erdgeschosswand zwei stichbogige Nischen mit gekuppelten Fenstern freigelegt, zwischen denen eine im Grundriss quadratische, reich dekorierte Stütze mit Basis und Kopfteil steht. Diese ist am Kapitell mit der Jahreszahl 1538 bezeichnet und mit einem Steinmetzzeichen versehen. Die Größe des Anwesens untermauert die nicht bestätigte These, dass es sich bei dem Gebäude um einen Hof der Grafen von Rieneck handeln könnte, der nach dem Aussterben des Adelsgeschlechts 1559 in Privatbesitz überging. Anhand der Fachwerkkonstruktion lässt sich die Errichtung des Gebäudes wahrscheinlich in die Mitte des 15. Jh. datieren. Hingegen sind die unter Putz liegenden Fachwerkteile des Obergeschosses zur Pfarrgasse hin bei Umbauten um 1800 entstanden. 1911 wurden im Obergeschoss des Gebäudes zum Pfarrgarten hin zwei Fenster eingebaut. Zur Errichtung einer Trockenhalle und Garage im Anwesen kam es 1938. Im Zweiten Weltkrieg wurde durch Explosionen infolge mehrerer Luftangriffe und durch Granateinschläge ein Teil des Hauses zerstört. Am restlichen Gebäude entstanden schwere Schäden, die bei der Gesamtinstandsetzung des Anwesens wieder behoben werden konnten. Die letzte umfassende Sanierungsmaßnahme fand 2008 statt.

Quelle:

Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 108-109.

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