149 Jahre Arme Schulschwestern in Schweinheim.
(Zusammenfassung von Rainer Syndikus)
Von Mitte des 19. bis Anfang des 21. Jahrhunderts wirkte der Orden der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau (U.L.F.) in Schweinheim. 149 Jahre von 1854 bis 2003 gehörten die Schwestern dieses Ordens zum Alltag in Schweinheim, wo deren Tätigkeit als Lehrkräfte in der Schule oder als Erzieherinnen im Kindergarten oder bis in die 70-er Jahre in der sogenannten „Nähschule“ für Frauen gefragt war.
Der Schweinheimer Rainer Syndikus erstellte eine Dokumentation über die Armen Schulschwestern in Schweinheim, wo er alles zu dem Thema sammelte und viele Fotos zusammentrug. Er konnte sogar die Namen, Funktionen und Daten aller Schwestern von 1854 bis 2003 zusammentragen. Hierüber gestaltete er beim HuGV Schweinheim im März 2017 eine Ausstellung, die großen Zuspruch in der Bevölkerung von Schweinheim und darüber hinaus fand.
Wie kam es zu dem Orden?
Der Orden der Armen Schulschwestern wurde im Jahre 1833 von der Gründerin Karoline Gerhardinger zunächst in Regensburg gegründet. Davor unterrichtete diese junge Frau seit 1812 in ihrer Heimatstadt junge Mädchen in der Schule, wo sie zuvor als Lehrerin ausgebildet worden war. In Neunburg vorm Wald entstand das erste Kloster, dessen Oberin Karoline Gerhardinger wurde. Unterstützt wurde sie damals von Dompfarrer Georg Michael Wittmann, dem späteren Bischof von Regensburg. Sie nannte sich jetzt Schwester Theresia von Jesu. Es folgte ein großer Zulauf an jungen Mädchen und Frauen, was zu vielen Klostergründungen in Bayern führte. Durch den Erfolg erfuhr die Ordensgründerin große Unterstützung und finanzielle Hilfe vom damaligen König Ludwig I. von Bayern. Ein von ihm als Geschenk zur Verfügung gestelltes früheres Klarissenkloster in München wurde von da an zum Zentrum des Ordens. Rasant verbreiteten sich die Schwestern über Bayern hinaus bis in die USA und Kanada. 1984 zählte man etwa 7500 Schwestern weltweit in 21 Provinzen in Europa, Nord- und Lateinamerika, in Asien, Ozeanien und Afrika. Nach ihrem Tod am 9. Mai 1879 in München wurde Mutter Theresia Gerhardinger 1985 in Rom seliggesprochen.
Der Beginn in Schweinheim:
Im Jahre 1854 kamen die ersten beiden Schwestern nach Schweinheim. Schon 1837 bemühte sich der damalige Bürgermeister Adalbert von Herrlein, die Armen Schulschwestern nach Aschaffenburg zu bekommen. Mehrere Jahre zogen sich dahin mit Bemühungen und Verhandlungen mit den Räten der Stadt, was mit großen Schwierigkeiten zwischen diesen und der Ordensleitung in München verbunden war. Geplant war, dass die Schwestern hier in der Stadt eine Schule gründen und ein Waisenhaus übernehmen sollten. Dies konnte jedoch erst im Jahre 1856 realisiert werden.
Mehr Geschick mit den Verhandlungen hatte die damals selbstständige Gemeinde Schweinheim. Sie erreichte, dass schon 1854 die beiden ersten Schwestern als Elementarlehrerinnen hier den Schuldienst aufnehmen konnten. Dazu stellte die Gemeinde den Schwestern ein Wohnhaus in der Aschaffenburger Straße zur Verfügung, welches zunächst auch für die Schule und später für die „Kinderbewahranstalt“ (heute Kindergarten) eingerichtet wurde.
Als nach einigen Jahren erfolgreicher Arbeit der Platzbedarf stieg, wurde neben dem ersten Gebäude 1892 ein zweites Haus errichtet. Man nannte dies die „Luitpold-Anstalt“, da kein geringerer als der damalige Prinzregent Luitpold von Bayern einen Zuschuss von 1000 Mark gewährte. In den Folgejahren wurde auch die Zahl der Schwestern dem steigenden Lehrbedarf der Schule und für die Kinderbewahranstalt angepasst.
Einschnitt und Folgen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg:
1938 wurde die Lehrtätigkeit der Schwestern an der Volksschule durch die Nazis verboten und eingestellt. Die Schwestern mussten die Schul- und Wohngebäude verlassen und fanden eine neue Wohnstätte in der Bergstraße. Hier konnte der unvergessene Pfarrer Karl Umenhof ein neues Wohnhaus für die Schwestern erwerben, wo sie bis 1952 lebten. Danach erfolgte der Umzug in das neue Gebäude unterhalb des Friedhofs am Haidberg. Hier war ein großes Kloster entstanden, mit Schwesternwohnungen und mehreren Kindergartenräumen. Zeitweise waren jetzt bis zu 15 Schwestern im Kloster in Schweinheim, welche in der Schule, im Kindergarten, in der Handarbeitsschule und im Haus und Garten tätig waren.
1954 wurde in einer großen Feier und einem Festgottesdienst das 100-jährige Jubiläum der Schwestern in Schweinheim begangen mit viel Prominenz aus Politik und Kirche. Es war ein großer und bewegender Tag für die Schwestern und den ganzen Stadtteil Schweinheim.
Bedingt durch Nachwuchsprobleme wurden die Schwestern allgemein immer weniger. 1970 kam das Ende der Lehrtätigkeit nach 116 Jahren an der Schule in Schweinheim. Dies war mit der Versetzung von einigen Schwestern verbunden bzw. für andere der Beginn des Ruhestandes. Altersbedingt wurde in den Folgejahren die Anzahl der Schwestern in Schweinheim weiter reduziert, bis im Jahr 2003 die beiden letzten Schwestern abgezogen wurden und in das Altenheim der Schwestern in Würzburg-Heidingsfeld kamen. Welche von insgesamt etwa 80 Schwestern in den 149 Jahren von 1854 bis 2003 in Schweinheim tätig waren und wer in dieser Zeit dem Kloster als Oberin vorstand, ist der Dokumentation zu entnehmen. Darin nicht aufgeführt sind jedoch zahlreiche Schwestern-Kandidatinnen, also Schwestern vor ihrer Einkleidung, die meist in der Schule oder im Kindergarten tätig waren.
Schwesternnachwuchs aus Schweinheim:
Die Tätigkeit der Schwestern in Schule und Kindergarten weckte in den vielen Jahren auch für 13 Mädchen aus Schweinheim die Bereitschaft und das Interesse, als Schwestern in den Orden einzutreten. Heute lebt nur noch eine als Leiterin der Hauswirtschaftsschule in München. Alle anderen sind in den vergangenen Jahren bereits verstorben.
In dem 1952 neu erbauten Kloster am Haidberg war auch eine Hauskapelle eingerichtet. Hier feierten die Schwestern mehrmals in der Woche Gottesdienste mit den in Schweinheim wohnenden Pensionisten als Hausgeistliche. Insgesamt 7 Bischöfe der Diözese Würzburg erlebten die Schwestern während ihrer Zeit seit 1854 bis 2003 in Schweinheim.
In der Pfarrei Maria Geburt wirkten während der Zeit sechs Pfarrer, von denen sich einige ganz besonders um die Schwestern verdient gemacht hatten.
So zunächst Pfarrer Emil Friedrich Stein von 1837 bis 1887. Ihm gelang es zusammen mit der politischen Gemeinde, die Schwestern nach Schweinheim zu holen.
Sein Nachfolger von 1887 bis 1925, Pfarrer Johann Georg Schweinfest, der Erbauer der Kirche von Maria Geburt, förderte die Schwestern sehr, errichtete eine Industrieschule für Arbeitsschülerinnen aus der Stadt und konnte die neu gegründete Kinderbewahranstalt und die Handarbeitsschule einweihen. Die errichtete Näh- und Handarbeitsschule war damals weit über Unterfranken hinaus bekannt für ihre Kunstwerke mit Stickerei- und Näharbeiten von Fahnen, Paramenten, Messgewändern und anderen textilen Gegenständen für den Gottesdienst. 1906 wurde das neue Schulgebäude der Mädchenschule in Betrieb genommen.
1923 wurde Pfarrer Karl Umenhof neuer Pfarrer in Schweinheim. Er war ein großer Förderer der Schulschwestern und Gründer des St. Johannis-Zweigvereins 1928, Träger der beiden Schwesternstationen. Als im Juli 1938 von den Nazis die Tätigkeit von Klosterfrauen in den Schulen eingestellt wurde, unternahm er sofort Schritte, damit die Schwestern zur Miete im Schwesternhaus in der Aschaffenburger Straße bleiben durften. Da dies aber vom Gemeinderat nicht gebilligt wurde, erwarb er, wie zuvor schon an anderer Stelle erwähnt, einen kurz vor Fertigstellung stehenden Neubau in der heutigen Bergstraße. Dieses Haus wurde zur neuen Heimat der Schwestern bis März 1952, wo dann auf dem Haidberg das neue Kloster mit Kindergarten gebaut wurde. In diesem Haus wohnten zeitweise bis zu 15 Schwestern. Nach seinem Ruhestand im Januar 1953 wohnte er bis zu seinem Tod am 30. Dezember 1954 im früheren Schwesternhaus in der Bergstraße.
Am 16. März 1953 trat Pfarrer Vinzenz Buhleier die Nachfolge an. In seine Zeit fiel 1954 das 100-jährige Jubiläum der Schwestern in Schweinheim und 1970 das Ausscheiden der Schwestern aus dem Schuldienst in Schweinheim.
Nach dessen Tod am 2. Juli 1974 kam Pfarrer Friedrich Kastl im Januar 1975 als neuer Pfarrer nach Schweinheim. Er war den Schulschwestern sehr zugetan. Von anderen Klöstern, welche aufgelöst wurden, holte er Schwestern nach Schweinheim, um den Standort hier vor einer Auflösung hier zu bewahren. 1979 wurde das 125-jährige Ortsjubiläum der Armen Schulschwestern in besonderer Weise gefeiert. Bis zu seinem Weggang Ende November 1990 war Pfarrer Kastl ein großer Befürworter der Schwestern.
Sein Nachfolger wurde im Februar 1991 Pfarrer Markus Krauth. Unter seiner Leitung gab es große Veränderungen in der Pfarrei und bei den Schwestern. Die beiden letzten Schwestern verließen im Juli 2003 Schweinheim und lebten danach im Altenheim des Ordens in Würzburg-Heidingsfeld. Das Kloster in Schweinheim wurde aufgelöst und ist nach 149 Jahren Geschichte.
Erwähnt werden sollte hier noch, dass ein früherer Kaplan von 1959 bis 1961, Dr. Anton Schlembach, der im Jahr 1983 Bischof von Speyer wurde, inzwischen verstorben ist.
Schwesterngrab als bleibende Erinnerung:
In den Jahren von 1854 bis heute gibt es auf dem Friedhof in Schweinheim ein Grab der Armen Schulschwestern. Hier wurde 1881 als erste Schwester Maria Aquinata Bielefeld beigesetzt. Weitere 7 namhafte Schwestern fanden danach hier ihre letzte Ruhestätte oder werden dort durch Gedenktafeln in Erinnerung gehalten. Als letzte wurde 1996 Schwester Otfrieda Treffler hier beerdigt, nachdem sie 40 Jahre als Kindergärtnerin und Oberin tätig war. Bis heute wird dieses Grab von der Stadt Aschaffenburg gepflegt.
Das Ende einer Ära:
Mit einem Festgottesdienst am 10. Juli 2003 in der Pfarrkirche Maria Geburt und einer Abschiedsfeier mit der Gemeinde wurden die beiden letzten Schwestern verabschiedet. Dies gilt gleichzeitig als das Ende des 1854 begonnenen segensreichen Wirkens der Armen Schulschwestern in Schweinheim. Zur Erinnerung und als Dank wurde im November 2010 am Eingang zum Kindergarten und früheren Kloster an der Gutwerkstraße eine Gedenksäule errichtet. In dieser Säule ist hinter Glas ein Spruch der Ordensgründerin zu lesen. Dieser lautet:
„Liebe gibt mit Freuden alles.“
Aschaffenburg, 25.10.2020
Rainer Syndikus
Als Verfasser des Berichtes zu „149 Jahre Schulschwestern in Schweinheim“ möchte ich
zu den hierzu vorgesehenen Fotos anmerken, dass das Bild „Einweihung Schwesternhaus“ nicht die Schulschwestern sind, sondern die früheren Krankenschwestern des Erlöserordens. Fragen Sie bitte diesbezüglich nach beim
HuGV Schweinheim. Vielen Dank.