Am 19. Oktober 2022 fand im Saal der VHS um 19 Uhr eine gut besuchte Veranstaltung zum Widerstand gegen die NS-Diktatur in der Rhein-Main-Region und Aschaffenburg statt. Die Veranstaltung bestand aus einem Vortrag von Dr. Verena Spinnler über den Widerstand in Aschaffenburg und einer Lesung von Marie-Christine Werner und Ludgar Fittkau, die aus ihrem 2019 veröffentlichten Buch „Die Konspirateure. Der zivile Widerstand hinter dem 20. Juli 1944“ ausgewählte Textauszüge lasen.
Die Veranstaltung eröffneten Bürgermeisterin Jessica Euler (Referat für Jugend, Schule und Soziales) und Bürgermeister Eric Leiderer (Referat für Digitalstrategie, Personalmanagement und Zentraldienste). Frau Euler hob in ihrem Grußwort hervor, dass der Widerstand nach und nach zum Identifikationspunkt der Bundesrepublik wurde, während Herr Leiderer, unter Hinweis auf die Widerstandstätigkeit des Aschaffenburgers Peter Gingold, von der Notwendigkeit sprach, die Erinnerung an die Widerstandskämpferinnen und -kämpfer aufrecht zu erhalten. Danach begrüßte Dr. Michael Hoecke (VHS) die Gäste und stellte den weiteren Ablauf vor.
Dr. Vaios Kalogrias (Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg) führte anschließend in die Thematik ein. Er stellte das Buch “Die Konspirateure” vor und diskutierte mögliche Verbindungen von “Leuschner-Leuten” zu Aschaffenburger Widerstandszirkeln. In Aschaffenburg habe es zwar keine “Konspirateure” des “Leuschner”-Netzwerks gegeben, so Kalogrias, doch auch hier waren regional angelegte Widerstandsaktivitäten zu beobachten.
Letzter Punkt wurde im Vortrag von Dr. Verena Spinnler vertieft. Da sie leider nicht anwesend sein konnte, wurde ihr Vortrag von Dr. Hoecke gelesen. Dr. Spinnler analysierte die Lage der verschiedenen Milieus (Arbeiterbewegung, katholisches Milieu) zu Beginn der NS-Diktatur in Aschaffenburg und erstellte das Widerstandsprofil von Persönlichkeiten wie Jean Stock, Josef Grimm und Hugo Karpf. Der Widerstand war eine Sache einzelner Aschaffenburger, größere Gruppen bildeten sich nicht, so das Fazit von Dr. Spinnler.
Die Journalisten Marie-Christine Werner und Ludgar Fittkau nahmen ihrerseits die Gäste auf eine “konspirative” Reise in die Vergangenheit mit; sie stellten Wilhelm Leuschner vor und machten die regionale Breite des konspirativen Netzwerks, an dem Frauen und Männer beteiligt waren, deutlich. Zugleich unterstrichen sie die Bedeutung der zivilen Akteurinnen und Akteure, die jahrzehntelang im Schatten der militärischen Protagonisten der Widerstandsbewegung gestanden hatten. Ein besonderer Schwerpunkt des Abends waren die “Stimmen aus der Vergangenheit”: Die Autoren spielten Originaltonaufnahmen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus den fünfziger Jahren und versetzten auf diese Weise die Besucherinnen und Besucher in die Atmosphäre der damaligen Zeit. In der darauffolgenden lebhaften Diskussion wurden Fragen der Erinnerungskultur aufgegriffen und erörtert, auch auf die Rolle der Frauen im Widerstand wurde eingegangen.
(Die Autoren Marie-Christine Werner und Ludgar Fittkau, Bild: Magdalena Zeller)
Die Veranstaltung, die in hybrider Form durchgeführt wurde, war eine gemeinsame Initiative der VHS Aschaffenburg, des Stadt- und Stiftsarchivs Aschaffenburg und der “KulturRegion FrankfurtRheinMain“.