von Dr. phil. Lothar Blatt
5. Ehrenbürger Aschaffenburgs – Direktor der Maria Ward Schule – Onkel und Firmpate Prof. Dr. med. Alois Alzheimers (1864-1915)
Als Sohn des Lehrers Johann Alzheimer (* 07.02.1797 in Rengersbrunn / Landkreis Main-Spessart, † 28.05.1880 in Großwallstadt / Landkreis Miltenberg) und dessen Ehefrau Kreszentia geb. Bachmann (* 15.02.1799 in Neuhütten / Landkreis Main-Spessart, † 12.07.1890 in Großwallstadt / Landkreis Miltenberg) wurde Karl Georg Alzheimer am 6. Oktober 1827 in Cassel (heute Ortsteil Kassel der Gemeinde Biebergemünd im Main-Kinzig-Kreis) geboren und am 9. Oktober 1827 getauft.[1] Er besuchte die Volksschule in Biebergemünd-Cassel bei seinem eigenen Vater, absolvierte von 1837 bis 1846 das Königliche humanistische Gymnasium in Aschaffenburg und wohnte im daneben liegenden Studienseminar.[2] Die Familie zog 1837 um nach Niedernberg, wo der Vater als Volksschullehrer und Schulleiter tätig war.[3]
Am Königlichen humanistischen Gymnasium zu Aschaffenburg bestand Karl Alzheimer im Sommer 1847 das Abitur mit der Gesamtnote 1 und anschließendem Preisdiplom.[4] Er studierte von 1847 bis 1850 in Würzburg Theologie. Hierzu erhielt er ein Stipendiat von 70 fl.[5] (Gulden) aus dem Allgemeinen Schul- und Studienfonds. Am 15. November 1850 wurde Karl Alzheimer im Kiliansdom zu Würzburg zum Priester geweiht.[6] Zunächst war er zwei Jahre Kaplan in Heimbuchenthal (Landkreis Aschaffenburg), danach zuerst Präfekt und dann erster Präfekt am Knabenseminar der Lateinschule in Aschaffenburg, ebenso Religionslehrer.[7] Da Karl Alzheimer auch Hebräisch unterrichtete, erhielt er zusätzlich 80 fl. (Gulden) als Remmeration[8].[9]
1855 wurde Karl Alzheimer Studienlehrer an der Lateinschule in Würzburg[10] und 1882 Pfarrer von Großwallstadt und zugleich Distriktschulinspektor für den Bezirk Obernburg[11] (heute Landkreis Miltenberg). 1881 wurde Karl Alzheimer zum Pfarrer von St. Agatha in Aschaffenburg ernannt[12] und zum Vorsitzenden des St. Elisabethen-Vereins gewählt.[13] Karl Alzheimer war ferner Direktor der Maria-Ward-Schule Aschaffenburg (Abb. 1). Karl Alzheimer war ebenso Mitglied in Schulkommission für die Volksschulen. Als weitere Funktion Karl Alzheimers sind im Aschaffenburger Adressbuch von 1890 genannt: Bischöflicher Commissär für die Realschule und das Gymnasium, königlicher Prüfungs-Commissär für die katholischen Schulen und Dekan. Er war auch Mitglied des Armenpflegschaftsrates.[14]
In der zweiten Hälfte der 1880er-Jahre übernahm Karl Alzheimer die Funktion des mobilisierenden geistlichen Protektors für die Konservative Partei, ohne aber tiefer in das katholisch-politische Vereinswesen Aschaffenburg integriert zu sein.[15] Ende Januar 1891 unterschrieb er zusammen mit anderen Aschaffenburger Konservativen den öffentlichen Aufruf des Katholischen Volksvereins gegen das Jesuitengesetz und die sozialdemokratischen Bestrebungen.[16] Karl Alzheimer setzte sich auch für Tiere ein und gründete 1890 zusammen mit Rektor Emil Behringer (1828-1900) und anderen Aschaffenburger Honoratioren[17] den Aschaffenburger Tierschutzverein (Abb. 2). Bei der Weihe der Pfarrkirche Maria Geburt in Schweinheim[18] am 8. September 1894 war Karl Alzheimer Konzelebrant.[19]
Die Grundsteinlegung zum Umbau und zur Erweiterung der Pfarrkirche in St. Cyriakus in Niedernberg (heute Landkreis Miltenberg), wo er einen Teil seiner Jugend verbrachte, wurde am 16. Mai 1897 vorgenommen durch H. H. GR[20] und Dechant Karl Alzheimer, Pfarrer in St. Agatha zu Aschaffenburg. Er tat dies als Verweser des Königreiches Bayern wegen der Erkrankung Sr. Majestät des Königs Otto I. von Bayern. Im Jahr 1898 war zur Feier der Kircheneinweihung u. a. GR Karl Alzheimer als Ehrenzeremoniar anwesend und als Ehrendiakon sein Neffe, der Pfarrer Ferdinand Alzheimer (1847-1920 ).[21]
Als Pfarrer von St. Agatha war Karl Alzheimer auch für die Kaplanei Glattbach (Landkreis Aschaffenburg) zuständig. Er ließ dort auch die Pfarrkirche St. Maria Himmelfahrt erbauen.[22]
An der St. Agatha-Kirche von Alois Alzheimers Onkel und Firmpaten, Pfarrer Karl Alzheimer (1827-1904), wurde dem Relief der Grabplatte einer Ordensfrau ein Schnurrbart gemalt (Abb. 3). Der aus Aschaffenburg stammende Jurist, Schriftsteller und Mundartdichter Gustav Trockenbrodt (1869-1904) schrieb darüber Verse[23]:
Die Nunn‘
An de Achedkärch’ is e Nunnebild;
Wie ich neilich des bei Tag betracht‘:
Hot e Gossebu‘ mit ‘m Kouhlestift,
Dere traug‘ Nunn‘ ‘n Schnorr’n gemacht.
Un ni‘ weit devou is e Wei’wertschaft,
Wou mehr än Wein noch denkt ganz ungemischt.
Un da hab‘ ich halt in deselbst Nacht
m e Werfche blouß u viel verwischt.
An de Achedkärch‘ is e Nunnebild.
Wie ich des in seller Nacht betracht‘,
hot’s ‚‘n Schnorrbart noch kouhlrabeschwarz.
Un‘ die Nunn‘ – die hat dazu gelacht!
Der Aschaffenburger Maler Adalbert Hock (1866-1948) fertigte eine Zeichnung (Abb. 3) dazu, die in den „Ascheberger Sprüch“ Gustav Trockenbrodts abgebildet ist[24]. Im Oktober 1900 ernannte die Gemeinde Glattbach (Landkreis Aschaffenburg) Pfarrer Karl Alzheimer zu ihrem Ehrenbürger.[25]
Im November 1900 wurde der Geistliche Rat Karl Alzheimer zum fünften Ehrenbürger der Stadt Aschaffenburg ernannt (Abb. 5). Im Protokoll des Aschaffenburger Stadtrates vom November 1900 ist zu lesen[26]: “Dem Hr. kgl. geistliche Rat Karl Alzheimer, welcher am 15. XI. d. Jrs. sein 50jähriges Priesterjubiläum feiert, soll aus diesem Anlaß das Ehrenbürgerrecht der Stadt A. verliehen werden.“
Den Ehrenbürgerbrief kalligraphierte der Aschaffenburger Künstler Adalbert Hock.
Karl Alzheimer (1827-1904) starb am 29. Dezember 1904 in Aschaffenburg.[27] Im „Beobachter am Main“ vom 30. Dezember 1904 war zu lesen[28], dass sich der Geistliche Rat Karl Alzheimer vor allem große Verdienste im karitativen Bereich erworben habe, durch seine Milde und Wohltätigkeiten sowie durch gewissenhafte Pflichterfüllung die allgemeine Achtung und Liebe errungen.
Im „Beobachter am Main“ vom 2. Januar 1905 stand geschrieben[29]: “Unter außergewöhnlich großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde die sterbliche Hülle des verewigten Stadtpfarrers und Ehrenbürgers unserer Stadt, Herrn Karl Alzheimer, zu Grabe getragen. Sehr viele Geistliche von hier und von auswärts, das hiesige Offizierskorps, die Mitglieder beider städtischen Kollegien mit Herrn Bürgermeister Dr. Matt, die Lehrerschaft, der Armenpflegschaftsrat, Beamte, Ordensschwestern und eine endlose Reihe anderer Leidtragender gaben dem dahingeschiedenen beliebten Seelsorger das letzte Geleit.“
Die Todesanzeige und die Danksagung der Familie Alzheimer für Anteilnahme sind in Abbildung 6 wiedergegeben.
Das noch heute erhaltene Grab Karl Alzheimers (Abb. 7) befindet sich auf dem Aschaffenburger Altstadtfriedhof in Abschnitt I in der Reihe der Pfarrergräber.
Der Beitrag wurde auf der Karte in der Treibgasse 30 verortet, da sich dort ein Erinnerungsschild für Karl Alzheimer befindet.
[1] Geburts- u. Taufreg. Cassel 1827, pers. Mit. Pfarramt St. Nepomuk 2006.
[2] Jahresb. K. h. Gym. AB 1837 bis 1846.
[3] Albert Wagner: Niedernb, Heimatb., 1998, S. 320.
[4] Martin Goes: Wohltätigkeit- u. Unterrichtsstiftg. AB, 1992, S. 204.
[5] Ebd.
[6] DAW: Schottkartei Karl Alzheimer.
[7] Theodor Scherg: Matrikelbuch, 1954, S. 104.
[8] Entschädigung.
[9] Theodor Scherg: Matrikelbuch, 1954, S. 104.
[10] Ebd., S. 104.
[11] Ebd., S. 104.
[12] Carsten Pollnick: Gesch. Pfarrei St. Agatha, 1992, S. 205.
[13] Der St. Elisabethen-Verein gründete 1852 d. Caritas-Sozialstation St. Elisabeth AB, d. älteste Sozialstation in Bayern. 1961 wurde das Caritas-Senioren-Wohnstift St. Elisabeth AB erbaut.
[14] Adressbuch Stadt Aschaffenburg, 1890.
[15] Martin Goes: Wohltätigkeit- u.Unterrichtsstift. AB, 1992, S. 205.
[16] Beobachter am Main, Nr. 25 vom 31.01.1891; Carsten Pollnick: Gesch. Pfarrei St. Agatha, 1992, S. 234.
[17] Angesehene, Würdenträger.
[18] Seit 1937 Stadtteil von AB.
[19] Mitfeierer d. kath. Messe.
[20] Hochwürdigster Herr Geistlicher Rat.
[21] Josef Seubert, Pfarrer: handschriftl. Aufzeichnungen, Niedernberg 1932 (Überlassung Albert Wagner).
[22] Friedolin Bernhard (1935-2008), Altbürgermeister Glattbach, pers. Mit. 2. Januar 2007.
[23] Gustav Trockenbrodt: Ascheberger Sprüch, 1900, 117f.
[24] Ebd., S. 117.
[25] Friedolin Bernhard (1935-2008), Altbürgermeister Glattbach, pers. Mit. 2. Januar 2007.
[26] SSAA: Protokollbuch Stadtrat AB, ProtM Nr. 95, Vortragsnr. 1300 (3. Oktober 1900: Beschluss, dass d. Karl A. d. Ehrenbürgerrecht verliehen werden soll).
[27] Grabsteininschrift.
[28] Beobachter am Main 30.12.1904.
[29] Ebd., 02.01.1905.