Stauffenbergstraße (Nilkheim), benannt 1988 nach
Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907 – 1944)
Offizier der Wehrmacht und Mitglied des militärischen Widerstands
- * 15. November 1907 in Jettingen
- 1913 – 1916 Besuch einer Privatschule
- Ab 1916 Besuch des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums in Stuttgart (1926 externes Abitur)
- 1923 Begegnung mit Stefan George, Aufnahme in dessen Kreis
- 1926 Eintritt in das Reiterregiment 17 (später Kavallerie-Regiment 17) in Bamberg
- 1927 –1928 Besuch der Infanterie-Schule in Dresden
- 1928 – 1929 Besuch der Kavallerie-Schule in Hannover
- 1929 Offiziersprüfung (Jahrgangsbester der Kavallerie)
- 1930 Beförderung zum Leutnant
- 1931 Geschützzugführer beim Kavallerie-Regiment 17 in Bamberg
- 1933 Beförderung zum Oberleutnant
- 1933 Heirat mit Nina Freiin von Lerchenfeld (fünf Kinder)
- 1934-1936 Bereiteroffizier und später Adjutant an der Kavallerie-Schule in Hannover
- 1936 Beginn des Studiums an der Kriegsakademie in Berlin; Englandaufenthalte
- 1937 Beförderung zum Rittmeister
- 1938 2. Generalstabsoffizier (Ib) im Stab der 1. Leichten (ab 1939 6. Panzer-)Division in Wuppertal; Teilnahme an der Besetzung des Sudetenlandes
- 1939 – 1943 Kriegsteilnehmer (Polen, Frankreich, Ukraine, Tunesien)
- 1940 Hauptmann im Generalstab; Gruppenleiter der Organisationsabteilung im Generalstab des Heeres
- 1941 Beförderung zum Major im Generalstab
- 1942 Einsatz beim Oberkommando des Heeres in Winniza (Ukraine)
- 1943 Beförderung zum Oberstleutnant im Generalstab
- 1943 Versetzung nach Tunesien als 1. Generalstabsoffizier der 10. Panzerdivision; im April schwere Verwundung durch Jagdfliegerangriff; im Juli Entlassung aus dem Lazarett in München; im Oktober Ernennung zum Chef des Stabes im Allgemeinen Heereswaffenamt in Berlin unter General Friedrich Olbricht
- 1943 Einbezug in die militärischen Umsturzversuche und schließlich treibende Kraft des militärischen Widerstands („Operation Walküre“-Pläne)
- 1944 zum 1. Juli Beförderung zum Oberst im Generalstab
- 1944 Lagebesprechungen mit Adolf Hitler
- 1944 am 20. Juli Attentat(versuch) auf Adolf Hitler; Umsturzversuch
- † 20./21. Juli 1944 Hinrichtung in Berlin (im Innenhof des Bendlerblocks)
Ehrungen:
- 1929 „Ehrensäbel“ für herausragende Leistungen in der Offiziersausbildung
- 1940 Eisernes Kreuz I. Klasse
- 1943 Goldenes Verwundetenabzeichen
- 1943 Deutsches Kreuz in Gold
- Zahlreiche posthume Ehrungen in Form von Gedenktafeln, Gedenksteinen etc., Gedenkstätten, Namensgebungen (Schulen, Kasernen, Straßen etc.)
Wirken in der NS-Zeit
Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der am 20. Juli 1944 das (misslungene) Attentat auf Adolf Hitler ausführte, war während der NS-Zeit ein hochrangiger Militär, der im Zweiten Weltkrieg in führender Funktion im Einsatz war und ab 1940 im Generalstab des Heeres diente (1944 ernannt zum Oberst). 1943 schloss er sich dem militärischen Widerstand gegen das NS-Regime in der Person Adolf Hitlers an und entwickelte sich schließlich zu einem (aus-)führenden Akteur der Umsturzpläne.
Zu Claus Schenk Graf von Stauffenberg existieren tausende Seiten biografischer Literatur – die sich zumeist in großem Umfang auf die Aussagen von Zeitgenossen stützen und weit weniger auf tradierte Selbstzeugnisse rekurrieren (können). Die folgenden Ausführungen stützen sich maßgeblich auf die 2015 veröffentlichte Darstellung von Peter Steinbach (unter anderem seit 1983 Wissenschaftlicher Leiter der ständigen Ausstellung „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ in Berlin, der in seine Überlegungen explizit die unten genannten Biografien von Eberhard Zeller, Bodo Scheurig, Joachim Kramarz, Christian Müller, Peter Hoffmann und Harald Steffahn einbezog) sowie auf die Biografie von Eberhard Zeller aus dem Jahr 1994. Einbezogen wurden zudem die jüngsten biografischen Veröffentlichungen von Ulrich Schlie und Thomas Karlauf. Auf eine detaillierte Darstellung der Umsturzpläne sowie der Ereignisse vom 20. Juli 1944 wird im Folgenden mit Verweis auf die angegebene Literatur verzichtet.
Stauffenberg schlug nach dem Abitur 1926 eine militärische Laufbahn ein, bestand 1929 die Offiziersprüfung als Jahrgangsbester der Kavallerie und war 1930 im Alter von 23 Jahren – außergewöhnlich jung – zum Leutnant befördert worden. In das Jahr 1933 datieren – neben der Machtübernahme seitens der Nationalsozialisten – drei für Stauffenberg wichtige Ereignisse: Seine Beförderung zum Oberleutnant, seine Heirat mit Nina Freiin von Lerchenberg sowie der Tod seines „Meisters“ Stefan George, zu dessen Kreis er und seine Brüder seit zehn Jahren gehörten.
Bis zum Sommer 1934 diente Stauffenberg beim Kavallerie-Regiment 17 in Bamberg (ab März 1931 Geschützzugführer). Im Herbst 1934 wechselte er als Bereiteroffizier an die Kavallerie-Schule in Hannover, wo er bis 1936 tätig war; im Oktober 1936 begann er ein Studium an der Kriegsakademie in Berlin. Befördert zum Rittmeister (1937), wurde Stauffenberg im August 1938 als „Ib“ zur 1. Leichten Division in Wuppertal (ab Oktober 1939: 6. Panzer-Division) kommandiert. Als 2. Generalstabsoffizier war er verantwortlich für die Versorgung der Einheit, mit der er an der Besetzung des Sudentenlands beteiligt war.
Am Überfall auf Polen im September 1939 war die 1. Leichte Division „an der Südflanke maßgeblich beteiligt“ (Steinbach, S. 69, vgl. auch Zeller, S. 68 ff.). Mit der (in 6. Panzer-Division umstrukturierten) Einheit zog Stauffenberg, im Januar 1940 zum Hauptmann im Generalstab ernannt, im Mai 1940 in den Krieg gegen Frankreich, bevor er Ende Mai 1940 zum Generalstab/Oberkommando des Heeres (OKW) versetzt wurde. Im April 1941 wurde er erneut befördert (zum Major im Generalstab) und bezog im Juni das Hauptquartier des OKW in der Nähe von Angerburg in Ostpreußen, bei dem er bis Ende Januar 1943 Dienst tat (zwischenzeitlich – Juni-Oktober 1942 – stationiert im Hauptquartier des Generalstabs bei Winniza in der Ukraine).
Kurz nachdem er zum Oberstleutnant im Generalstab befördert worden war, wurde Stauffenberg Anfang Februar 1943 als „Ia“ (1. Generalstabsoffizier) der 10. Panzer-Division nach Tunis kommandiert. Anfang April 1943 wurde er dort bei einem Luftangriff schwer verwundet. Er verlor sein linkes Auge, im tunesischen Feldlazarett mussten zudem seine rechte Hand sowie zwei Finger der linken Hand amputiert werden. Er gelangte noch im April 1943 ins Lazarett nach München; die dortige Behandlung wurde unterbrochen durch Genesungsaufenthalt in Lautlingen, dem Wohnort seiner Familie.
Im September 1943 wurde Stauffenberg zum Chef des Stabs im Allgemeinen Heeresamt bei General Friedrich Olbricht ernannt (offizieller Dienstantritt in Berlin: 01.10.1943; Aufgabengebiet: Personal- und Materialbewirtschaftung des Heeres). Am 1. Juli 1944 erfolgte seine Beförderung zum Oberst im Generalstab.
Stauffenberg war während des Zweiten Weltkriegs mit folgenden Auszeichnungen geehrt worden: Eisernes Kreuz I. Klasse (1940), Goldenes Verwundetenabzeichen sowie Deutsches Kreuz in Gold (1943). Im Juni/Juli 1944 gelangte er im Zuge von Lagebesprechungen mehrfach in direkten Kontakt zu Adolf Hitler.
Die posthumen Ehrungen von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, so auch die Straßenbenennung in Aschaffenburg-Nilkheim 1988 (SSAA, SBZ II, 900), bezogen sich allerdings nicht auf sein militärisches Wirken in der oben skizzierten Form, sondern auf seinen Widerstand gegen das NS-Regime, der sich seit 1943 in zahlreichen Treffen in Widerstandskreisen, insbesondere im Kreise des militärischen Widerstands manifestierte – und schließlich im Attentat vom 20. Juli 1944 sowie dem Umsturzversuch („Operation Walküre“) gipfelte. Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass Staufenberg nicht nur entschlossen war, Hitler umzubringen und das NS-Regime zu stürzen, nicht „nur“ ausführende, sondern auch treibende Kraft war und als ein Motor innerhalb der deutschen Widerstandsbewegung(en) angesehen werden muss. Bekanntermaßen scheiterte das Attentat auf Adolf Hitler und auch der sich an den vorgesehenen Tod des Diktators anschließende politische Umsturz gelang nicht. Stauffenberg wurde noch in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1944 im Innenhof des Bendlerblocks in Berlin hingerichtet.
Stauffenbergs zahlreiche Treffen mit Kräften des Widerstands, die Vorbereitungen des Attentats und des Umsturzes sowie die Abläufe des 20. Juli 1944 sind bekannt und in der angegebenen Literatur (und in vielen anderen Werken) detailliert, im Falle des 20. Julis teils minutiös nachgezeichnet, sofern die Quellenlage dies zuließ. Unstrittig ist Stauffenbergs Verantwortung für die Tat; manche Autoren gingen davon aus, dass Stauffenberg schließlich – unter Bezug auf seinen Mentor Stefan George – Hitler als „Personifizierung des Bösen schlechthin“ (Steinbach, S. 17) betrachtete. Stauffenberg habe den Unrechtscharakter des NS-Regimes – dessen Teil er in führender militärischer Funktion über Jahre hinweg war – erkannt und gehandelt, obwohl er einen soldatischen Eid geschworen hatte. Stauffenberg kann sicher nicht als Anhänger einer parlamentarischen Demokratie bezeichnet werden; bei einem erfolgreichen Umsturz wäre voraussichtlich um die Struktur Deutschlands gerungen worden. Stauffenberg als Patrioten zu charakterisieren, der zunächst mit nationalistischen und revisionistischen Zielen des NS-Regimes sympathisierte (was zutrifft), griffe allerdings in seiner Bewertung deutlich zu kurz, wie Peter Steinbach argumentierte:
„Welches Deutschland das Resultat dieser Auseinandersetzungen geworden wäre, wissen wir nicht. Aber Stauffenberg nur zum Symbol des Rückwärtsgewandten zu machen, weil er aus den Horizonten seiner Zeit handelte, wäre unhistorisch. Es wäre ebenso leichtfertig, ihn zum Träger der freiheitlichen Grundordnung zu erhöhen. Diese Ordnung war ein Resultat der Niederlage. Der Mensch Stauffenberg war Produkt und Gegensatz seiner Zeit. […] Er handelte nicht, als es zu spät war, sondern er handelte, weil er zu den wenigen seiner Zeit gehörte, die Verantwortung suchten und deshalb den ‚entscheidenden Wurf‘ riskierten. Dies war weitaus gefährlicher, als bis zum Ende des Krieges zur Fahne zu stehen, die das Hakenkreuz trug, wie viele, die ihre Feigheit als Eidtreue verklärten. […] Stauffenberg wollte durch seine Tat einen Unrechtsstaat beseitigen. Er ist deshalb nicht nur eine Person der deutschen, sondern der europäischen Geschichte. Seine Tat hätte Europa vor der Katastrophe eines bis zum bitteren Ende geführten Krieges bewahrt, der Europa verwüstete und schließlich für 40 Jahre teilte. Seine Persönlichkeit muss deshalb immer auch in den Zusammenhang der deutschen und zugleich der europäischen Geschichte gerückt werden“ (Steinbach, S. 17 f.).
In der deutschen Erinnerungskultur war bis in die 1960er Jahre die Einschätzung der Nationalsozialisten, die Stauffenberg und seine Mitstreiter als Verräter ansahen, überaus wirkmächtig. Die Einschätzung Staufenbergs wurde (auch später) kontrovers diskutiert, changierte zwischen „Würdigung und Verurteilung“ (vgl. zu einzelnen Phasen Steinbach, S. 20 ff. sowie Schlie, S. 160 ff.). In der aktuellen Forschungsliteratur wird unter anderem darauf verwiesen, dass Stauffenberg auch Kontakte zum zivilen Widerstand suchte, was lange Zeit kaum Beachtung fand. Unterschiedliche Einschätzungen gibt es darüber, ob stärker Stauffenbergs christliche Motivation oder seine Beeinflussung durch Stefan George als ursächlich für sein Handeln angesehen werden sollte (vgl. Schlie 2018 und Karlauf 2019). Einzelne Äußerungen Stauffenbergs, etwa abfällige Bemerkungen gegenüber der polnisch-jüdischen Bevölkerung in einem Feldpostbrief aus dem Jahr 1939, wurden wiederholt als Beleg dafür angebracht, dass sich Stauffenberg nicht (oder nur bedingt) als „Held“ eigne. In der heutigen offiziellen Erinnerungskultur überwiegt die Ansicht führender Widerstandshistoriker, die darauf verweisen, dass Stauffenberg als „Produkt seiner Zeit“, als Soldat der Wehrmacht, der an seinen Eid gebunden war, Verantwortung (mit ihm bewussten Konsequenzen) übernommen habe, um das von ihm als Unrechtssystem erkannte NS-Regime beseitigen zu wollen (vgl. Benz 2018, S. 416 – 424).
Quellen:
- SSAA, SBZ II, 900
Literatur:
- Bechtolsheim, Sophie von: Stauffenberg – mein Großvater war kein Attentäter. Freiburg/Basel/Wien 2019.
- Benz, Wolfgang: Im Widerstand. Größe und Scheitern der Opposition gegen Hitler. München 2018.
- Hoffmann, Peter: Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder. Stuttgart 1992.
- Hoffmann, Peter: Stauffenberg und der 20. Juli 1944. München 1998.
- Karlauf, Thomas: Stauffenberg. Porträt eines Attentäters. München 2019.
- Kramarz, Joachim: Claus Graf von Stauffenberg. 15. November 1907 – 20. Juli 1944. Das Leben eines Offiziers. Frankfurt am Main 1965.
- Scheurig, Bodo: Claus Graf von Stauffenberg. Berlin 1964.
- Schlie, Ulrich: Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Biografie. Freiburg/Basel/Wien 2018.
- Steffahn, Harald: Stauffenberg. Reinbek bei Hamburg ³2002.
- Steinbach, Peter: Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Wagnis – Tat – Erinnerung. Stuttgart 2015.
- Ueberschär, Gerd R.: Stauffenberg. Der 20. Juli 1944. Frankfurt am Main 2004.
- Zeller, Eberhard: Oberst Claus Graf Stauffenberg. Ein Lebensbild. Paderborn et al. 1994.