Skip to content

Dossier Alois Grimm

Alois-Grimm-Straße (Schweinheim), benannt 2002 (Beschluss)/2008 nach

Alois Grimm (1918 – 1995)

Architekt, Lokalhistoriker

  • * 3. Februar 1918 in Aschaffenburg
  • 1924–1928 Besuch der Luitpoldschule in Aschaffenburg
  • 1928–1937 Besuch der Oberrealschule in Aschaffenburg (Abitur März 1937)
  • 1930–1937 laut eigener Angabe Mitglied im Volksbund für das Deutschtum im Ausland (VDA)
  • 1934–1936/37 Mitglied der HJ (Rottenführer)
  • 1937 Reicharbeitsdienst in Gießen (April bis Oktober)
  • 1937 Beginn des Wehrdienstes in Würzburg, schwere Heeresartillerie, Ausbildung zum Richtkanonier
  • 1938–1939 Würzburger Artillerieabteilung; Einmarsch in Österreich („Anschluss Österreichs“ März 1938)
  • 1939–1945 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg: Kriegsdienst in Südfrankreich (1940) und an der Ostfront (1941–1944), schwere Verwundung mit Verlust des linken Auges, Oberleutnant (ab 1944)
  • 1942 eingeschrieben im Sommersemester an der Technischen Hochschule Darmstadt (Architektur)
  • 1945 amerikanische Kriegsgefangenschaft (bis Juni 1945)
  • 1945 Beschäftigung beim Stadtbauamt Aschaffenburg als Baukontrolleur (Juni–Dezember)
  • 1946–1949 Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Darmstadt (Diplom-Ingenieur)
  • 1949–1954 Architekturbüro Grimm und Schmitt (Partner: Anton Schmitt) in Aschaffenburg, Büro für Hoch-, Tief- und Ingenieurbau; Planung von Wohnhäusern, Wohngebieten, Kirchen
  • 1954–1980 Leiter des Hochbauamts Aschaffenburg (Baurat), Projekte unter anderem in den Bereichen Schulen, Kindergärten, Friedhöfe; Heimatdenkmalpfleger
  • 1985/91/94 „Aschaffenburger Häuserbuch“ (Band 1, 2 und 3)
  • † 15. Februar 1995 in Aschaffenburg

Ehrungen:

  • 1941 Eisernes Kreuz II. Klasse (Russlandfeldzug)
  • 1944 Verwundetenabzeichen
  • 1985 Ehrenmitglied des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg
  • 1987 Ehrentafel in Jesuitenkirche
  • 1989 Medaille des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst für besondere Verdienste um den Denkmalschutz
  • 1991 Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

 

Der Architekt Alois Grimm, von 1954 bis 1980 Leiter des Hochbauamts in Aschaffenburg, galt als Autorität bezüglich der Aschaffenburger Stadtbaugeschichte. Sein Name ist besonders mit dem fünfbändigen „Aschaffenburger Häuserbuch“ verbunden, einer Dokumentation von Architektur und Wohnen in Aschaffenburg. In seiner Funktion als Baudirektor zeichnete er für zahlreiche öffentliche Gebäude in seiner Amtszeit verantwortlich.

Wirken in der NS-Zeit

Alois Grimm besuchte zu Beginn der NS-Zeit die Oberrealschule in seiner Heimatstadt Aschaffenburg. Im März 1937 beendete er seine Schulzeit im Alter von 19 Jahren mit dem Abitur. Bis dahin war er seit 1934 Mitglied der Hitlerjugend (HJ), in der Funktion eines „Rottenführers“. Im Fragebogen der Amerikanischen Militärregierung gab er im Januar 1946 zu Protokoll, zwischen 1930 und 1937 Mitglied im Volksbund für das Deutschtum im Ausland (VDA) gewesen zu sein.[1] Seinen Angaben folgend, war er darüber hinaus in keiner weiteren NS-Organisation Mitglied. Direkt nach dem Schulabschluss leistete Alois Grimm seinen halbjährigen Reichsarbeitsdient (April bis September 1937, Abteilung Gießen).

Im Oktober 1937 begann sein Wehrdienst in Würzburg bei der schweren Heeresartillerie (4. Artillerie-Regiment 93), mit der Ausbildung zum Richtkanonier. Als Gefreiter nahm er im März 1938 am sogenannten „Anschluss Österreichs“ teil. Sein Wehrdienst ging nahtlos in den Kriegsdienst über. Während des Zweiten Weltkriegs war Alois Grimm Teil der schweren Artillerie-Abteilung 620 unter Major Ferstl. Befördert zum Unteroffizier (Geschützführer) bzw. Wachtmeister (Zugführer) nahm er zunächst mit seiner Abteilung am sogenannten Frankreichfeldzug teil (1940/41). Im Frühjahr 1941 wurde seine Einheit nach Pommern verlegt. Erneut befördert zum Leutnant, diente Alois Grimm fortan als Vermessungsoffizier, bis 1944 an der Ostfront. Eine schwere Verwundung führte zum Verlust seines linken Auges.[2] Im letzten Kriegsjahr diente er als Ausbildungsoffizier in der (seiner Abteilung zugehörigen) Ausbildungs- und Ersatzabteilung 53, befördert zum Oberleutnant. Für seine Verdienste erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse (1941, Russlandfeldzug), für seine Verwundung das Verwundetenabzeichen (1944).

Während des Krieges war Alois Grimm für ein Semester an der Technischen Hochschule Darmstadt eingeschrieben, im Sommersemester (Mai – Juli) 1942, an der Fakultät für Architektur. Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft Mitte Juni 1945 arbeitete er ein halbes Jahr beim Stadtbauamt Aschaffenburg als Baukontrolleur. Für das Wintersemester 1945/46 schrieb er sich wieder an der TH Darmstadt ein und schloss sein Architekturstudium 1949 mit der Diplomprüfung erfolgreich ab.

Primäre Entnazifizierungsunterlagen fanden sich nicht tradiert. Allerdings bescheinigte die Spruchkammer Aschaffenburg-Stadt dem Architektur-Studenten, dass „auf Grund des uns vorliegenden Meldebogens Nr. 5377 vom 5.5.1946 […] er nicht unter das Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ falle.[3]

Anmerkungen

Nach dem Tod von Alois Grimm im Jahr 1995 wurde von CSU-Stadtrat Manfred Christ wiederholt die Benennung einer Straße ihm zu Ehren in Aschaffenburg gefordert. Seitens des SSAA gab es allerdings Zweifel an den Verdiensten von Alois Grimm hinsichtlich einer solchen Ehrung (SSAA, AR 54).

2002 wurde die Benennung einer im Baugebiet „Am Rosensee“ (Stadtteil Schweinheim) projektierten Straße beschlossen, in dem bereits drei projektierte Straßen nach zwei in den 1990er Jahren verstorbenen Aschaffenburger Ehrenbürgern und einer Ehrenbürgerin benannt waren:

„Auf Grund verschiedener Anregungen aus Reihen des Stadtrats wird vorgeschlagen, die vierte, östliche Straße nach Alois Grimm […] zu benennen, dem früheren Leiter des städtischen Hochbauamtes und Herausgeber der Aschaffenburger Häuserbücher. Die Verwaltung hält es als angemessen, auch ihm eine entsprechende Anerkennung und Ehrung zuteil werden zu lassen.“[4]

2008 wurde die Benennung umgesetzt.

 

Quellen:

  • BArch, PA, B 563-1/KARTEI [Altsign. G 872/263]
  • SSAA, AR 54
  • SSAA, SBZ II, 899
  • Universitätsarchiv Darmstadt (UA DA)
  • 115, Nr. 106-5
  • 116 [ohne Nummer, Grimm, Alois]
  • https://www.alois-grimm.de/Lebenslauf

Literatur:

  • Holleber, Ernst: Alois Grimm 1918–1995 (Untermainische Lebensbilder). In: Aschaffenburger Jahrbuch 18 (1995), S. 286–293.
  • Pollnick, Carsten: Aschaffenburger Straßennamen. Aschaffenburg 1990.

 

  • [1] 03.01.1946, Military Government of Germany, Fragebogen, UA DA, 116 [ohne Nummer, Grimm, Alois].
  • [2] Wohl 1942, nach https://www.alois-grimm.de/Lebenslauf; belegte Lazarett-Aufenthalte laut Meldungen 1942 und 1944, BArch, PA, B 563-1/KARTEI [Altsign. G 872/263].
  • [3] 01.01.1947, Spruchkammer Aschaffenburg-Stadt, UA DA, 116 [ohne Nummer, Grimm, Alois].
  • [4] 15.01.2002, Beschlussvorlage, 04.02.2002, Zustimmung im Stadtrat; die anderen drei projektierten Straßen waren bereits 1999 nach Kurt Frenzel, Hugo Karpf und Marielies Schleicher benannt worden, SSAA, SBZ II, 899.

Kommentare

  1. Das Baugebiet Rosensee liegt entgegen einer verbreiteten Meinung nicht im Stadtteil Schweinheim, sondern im Stadtteil Stadtmitte/Innenstadt.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert