Der in der Verlängerung der Brentanostraße zwischen Stadelmannstraße und dem Kurmainzer Ring gelegene Platz trägt seit 1906 den Namen des Dichters Clemens Brentano, der am 9. September 1778 als Sohn des kurtrierischen Geheimen Rates und Großkaufmanns Peter Anton Brentano und dessen Ehefrau Maximiliane geboren wurde. Beeinflusst von Vertretern der Weimarer Klassik und der Frühromantik verfasste er zahlreiche Märchen und Erzählungen sowie Lyrikbände. Seine Verbindung zu Aschaffenburg ergab sich erst, als er schwer erkrankte und ihn sein Bruder Christian Brentano zur Pflege von München nach Aschaffenburg holte, wo er am 28. Juli 1842 verstarb. Sein Grab befindet sich auf dem Altstadtfriedhof.
Brentanoplatz 10 – Katholische Kapelle Hl. Clemens und Felix der Maria-Ward-Schule
Die Maria-Ward-Schwestern betrieben in Aschaffenburg seit 1747 Schulen. Ihre Ansiedlung befand sich im 18. Jh. am Beginn der Strickergasse. Nach einem Grundstückstausch 1960/61 wurde am Brentanoplatz ein Neubau errichtet. 1967/68 wurde an der Herrleinstraße eine Kapelle errichtet. Diese entwarf der Architekt Heinrich Kaupp. Er schuf mit dem Stahlskelettbau auf vier schlanken Stahlsäulen und mit quadratischer Grundfläche einen der innovativsten Kirchenbauten der Stadt. Den Stahl für die bis dahin in Aschaffenburg nicht praktizierte Bautechnik der Stahlskelettkonstruktion lieferte die Frankfurter Firma Fries. Die Decken bestehen aus verzinkten Stahlzellen mit Druckbeton, ein als „Robertson-Stahlzellen-Decke“ bezeichnetes System. Die Außenwände sind zweischalig aus Fertigteilen erstellt. Nach neun Monaten Bauzeit wurde die Kapelle am 24. Mai 1968 von Bischof Josef Stangl geweiht und ihr der Titel „Maria, Mutter der Kirche“ verliehen. Die Kapelle der Maria-Ward-Schule schließt den Schulhof zur Herrleinstraße südöstlich ab. Der quadratische Grundriss beträgt 20 × 20 m. Die Kapelle ist mit der Schule im Bereich des 1. und 2. Obergeschosses mittels eines Glas-Stahl-Verbindungsbaus verbunden. Darin befanden sich Sakristei, Oratorium und Priesterappartement. Unter den Kapellenbau schiebt sich ein über älteren Kellern errichtetes Nebengebäude (Garagen). Der Kappellenraum scheint zwischen den kräftigen Sockel- und Dachplatten zu schweben und gewinnt auch durch die außen liegenden dekorativen, statisch nicht notwendigen Stützen an Leichtigkeit. Der diagonal orientierte Innenraum der Kapelle wird durch einen Fensterfries unter der Decke und durch die Öffnung des Altarbereichs in der Südecke mit wandhohen Glasbildern, gestaltet von Siegfried Rischar (1924–2009), belichtet. Altar, Ambo, Sedilien, Tabernakelstele und Weihwasserbecken sind Werke von Hans Huschka (1930–1997), der diese in Edelstahl geschaffen und damit Bezug auf die Fassade aus Edelstahlplatten genommen hat. Das Gestühl ist fächerförmig auf den Altarbereich ausgerichtet. Über dem Eingang in der nordöstlichen Raumecke befindet sich eine Empore auf einer in den Raum einspringenden Betonplatte. Die Decke ist mit einer diagonalen Holzlattung versehen.
Brentanoplatz 12
Unter der Bauleitung des Baugeschäftes Johann Scheuermann wurde 1927/28 an der Ecke Brentanoplatz/Herrleinstraße ein Wohnhaus für Tünchermeister Johann Kolb neu errichtet. Das Eckhaus erhebt sich dreigeschossig mit sechs zu vier Achsen über einem hohen Sockelgeschoss. Das Hochparterre wurde später mit einem quergestreiften Putz versehen und hebt sich so von der übrigen Fassade ab, was eine deutliche Abweichung vom Entwurf darstellt. Die Fassade ist im neubarocken Stil mit Lisenen gestaltet. Das Mansarddach mit zwei Zwerchhäusern verstärkt den neubarocken Charakter. An der zum Brentanoplatz gerichteten Fassade befindet sich im 1. Obergeschoss in der dritten Fensterachse ein leicht vortretender Erker auf drei Konsolen. Alle Fenster sind mit roten Sandsteingewänden gerahmt. Der Eingang zum Haus liegt von der Fassadenflucht leicht eingerückt und wird von zwei Säulen gerahmt. Diese tragen einen profilierten Architrav mit Oberlicht und Dreiecksgiebel mit Kugelaufsätzen. Über dem Hauseingang ist an der Fassade eine Inschriftenkartusche mit den Initialen „J. K.“ für den Bauherrn Johann Kolb und der Jahreszahl „1927“ angebracht. Auf der Seite zur Herrleinstraße ist dem Gebäude ein Vorgarten vorgestellt, dessen Einfriedung nur noch in Form einer niedrigen Sockelmauer erhalten ist. Durch Luftdruck wurde am 21. November 1944 die Brandmauer zur Herrleinstraße weggerissen. Dach, Decken, Zimmerwände sowie Fenster und Türen wurden zerstört. Die Instandsetzungsarbeiten leitete 1946 Stadtbaumeister Otto Moosmann.
Quelle:
Ina Gutzeit/Hauke Kenzler: Kreisfreie Stadt Aschaffenburg. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmäler in Bayern. VI. Unterfranken, 71), München 2015, S. 21-22.