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Erinnerung an das Kaufhaus BERHARD am Scharfen Eck

Wenn Mutter sagte: „Heute fahren wir in die Stadt“, war das für mich immer ein freudiges Ereignis. Schon die Busfahrt von Schweinheim bis zur Stadtmitte, Bushaltestelle Freihofplatz, war für mich ein Erlebnis. Beim Einsteigen konnte ich einen Fensterplatz erhaschen. Mit Interesse beobachtete ich auf der Fahrt den Verkehr und die Menschen. Auf dem Weg zur Haupteinkaufsstraße „Herschelgass“ kam man am Kaufhaus BERHARD vorbei, das vierstöckig an der Ecke Sandgasse/Herstallstraße sein Domizil hatte. Unter einer kleinen Arkade befand sich der Haupteingang. Das Warenangebot im unteren Bereich bestand überwiegend aus Textilien. Für Kinder „stinklangweilig“! Und so trottelte ich mit Desinteresse und hängendem Kopf neben meiner Mutter her. Sie schaute sich Blusen an, ging durch die Abteilung Bettwäsche und fand nicht das Richtige. Auf ihre Frage: „wollen wir mal in die Spielwarenabteilung gehen“ sah sie nur mein Lächeln. So fragte ich sie, „Mama hast du auch Kleingeld dabei?“, und es kam schmunzelnd ein „Warum?“. „Wir brauchen doch mindestens 10 Pfennig für die Affen“, entgegnete ich.

Am Ende der Spielwarenabteilung, kurz vor der Treppe nach unten zum Seitenausgang, war eine kleine Box aufgestellt, in der sich einige Affenfiguren befanden, die alle ein Musikinstrument in den Händen hatten.

Nach dem Einwurf von 10 Pfennig ging eine Beleuchtung an, Musik setzte ein und die Äffchen bewegten sich mit ihren Musikinstrumenten im Rhythmus der Musik. Nach etwa zwei Minuten war das „Affentheater“ vorbei. Hinter mir hatten sich wegen des musikalischen Lärms weitere Kinder eingefunden. Welch eine Freude! Jetzt wurden erneut von einem kleinen Mädchen 10 Pfennig eingeworfen und das Affenspektakel ging wieder los.

Plötzlich stand Mama hinter mir und zog mich auf die Seite. „Wir müssen weiter“. Lächelnd, mit einem bisschen Widerwillen, ließ ich mich von ihr an der Hand führen auf dem Weg durch die „Herschelgass“ zur „Kaufhalle“, die sich am oberen Ende neben dem Herstallturm befand. Dort holte Mama regelmäßig ihren Bohnenkaffee, der dort von einer Verkäuferin mit einer imposanten Kaffeemühle (mit einem großen Rad lautstark) gemahlen wurde.

Auf der Busfahrt zurück nach Schweinheim kamen wir erneut am Kaufhaus BERHARD vorbei und meine Kinderaugen strahlten wegen der Erinnerung an die Affenbox.

Der BERHARD und das „Affentheater“ hatten sich tief in mein Kindergedächtnis eingegraben. Als ich das beigefügte Foto vom „Scharfen Eck“ sah, fiel mir diese Geschichte aus meiner Kindheit wieder ein. Gefreut habe ich mich auch, dass ich im Internet ein Bild von dieser „Affentheaterbox“ gefunden habe.

Karl Heinz Pradel

63773 Goldbach

Altmutterweg 35b

Tel. 560587

Foto Berhard: Archiv Heimat- und Geschichtsverein Aschaffenburg-Schweinheim

Affenbox: Jukebox-world.de

Kommentare

  1. Freut mich, dass das Kaufhaus meines Uropas immer noch so viele tolle Erinnerungen weckt!

    Danke für die schöne Geschichte und viele Grüße,
    Luca Berhard

    1. Hallo, Luca, meine Oma Anna Alt geb. Berhard war die Schwester von deinem Uropa Jakob. Ich habe als Kind auch einen Urlaub bei ihm in der Villa in Aschaffenburg verbracht. Ich habe auch Fotos von seinen Eltern und der Grabstätte der Familie Berhard in Saarbrücken. Falls du Interesse daran hast, melde dich doch mal, ich kann dir die Fotos per Whatsapp schicken. Viele Grüße Birgit

  2. Mein Bruder (JG 1950) – er hat Kinderlähmung – wurde im Advent von seinem Freund mit dem Rollstuhl von der Moltkestraße, in der wir damals wohnten, zu Fuß mindestens einmal zum Berhard gefahren, um dort die Eisenbahn zu bestaunen und die Vorfreude auf die eigene, die von Heiligabend bis Lichtmeß in unserem Wohnzimmer stand, zu erhöhen. Auf dem Weg sich dann noch auf der Brücke über die Miltenberger Bahn an der Ludwigsallee einräuchern zu lassen, war noch das Sahnehäubchen. Ich hab es als fünf Jahre jüngerer Bruder als Ehre empfunden, mitgehen zu dürfen!

  3. Lieber Herr Pradel, durch Zufall fand ich den Beitrag zum Kaufhaus Berhard. Genauso hätte ich den Artikel auch schreiben können! Meine Großeltern wohnten in der Schneebergstraße, also an der Schweinheimer Höh‘. Zunächst bekam ich bei einem Besuch ein „bleyle Kleid“, anschließend durfte das Affentheater für mich spielen. Eine herrliche Kindheitserinnerung an das damals für mich riesige Kaufhaus und Aschaffenburg, die Heimat meines Vaters.

  4. Ich bin Jahrgang 1947 und denke noch gerne an das Kaufhaus zurück. Insbesonders zu Weihnachten war eine große Modelleisenbahn aufgestellt, die ich sehr oft mir anschaute.
    Auch die Spielwarenangebote von den Herstellern zu Weihnachten im Geschäft oder auch unter dem Jahr im Eingangsbereich haben mir immer gefallen.

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